Nr.30 der 33 laufenden Geschichten
2. Oktober 2016 – 1. INTERSPORT Olympia
Irgendwas ist immer!
Die AOK Nordost hatte mich eingeladen, beim 1. Intersport Lauf zu Gunsten der Parkinson-Stiftung mitzulaufen und darüber zu schreiben. Dieser Einladung war ich sehr gerne gefolgt. Schließlich bin ich bis dato nur für mich und meinen Blog „laufend(e) Geschichten“ an den Start gegangen.
Aber so einfach war das alles gar nicht, denn …
Endlich bin ich in meiner neuen Wohnung eingezogen.
Der Umzug hatte sich über Wochen … nein … Monate hingezogen. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, in der neuen Wohnung zu sein. Tue ich aber nicht. Ich musste unfreiwillig zwei Wochen früher aus meiner alten Wohnung raus, denn mein Mann machte Druck. Somit war ich am Tag vor dem Laufevent noch mit dem Einzug beschäftigt. Heute sitze ich an meinem Wohnzimmertisch und beginne, diese Geschichte zu schreiben, während mein Vormieter (zum Glück ein Freund und Kollege) noch eine Kammer und diverse Schränke leerräumt. Ankommen ist anders! Trotzdem muss es irgendwie gehen. Jammern macht es nicht besser.
Wenn wir vom Schicksal herausgefordert werden,
gibt es zwei Möglichkeiten: sich diesem hingeben oder kämpfen. Ich kämpfe! Immer! Auch wenn es durchaus mit Jammern, Heulen oder zeitweiser Resignation einhergeht. Zum Glück musste ich mich noch nie mit dem Schicksalsschlag einer schweren Krankheit auseinandersetzen. Obwohl ich bei meinem Fachschulstudium (Jahrgang 1988) zur medizinisch-technischen Laboratoriums-Assistentin einige Tode gestorben bin. Je nachdem, was wir im Unterricht gerade durchgenommen hatten.
Die Diagnose Parkinson zu erhalten, beispielsweise, ist nicht leicht. Auf einmal würde alles anders. Sorgen und Ängste machten sich breit. Wie könnte ich damit leben, was käme da alles auf mich zu? Wie würden mein Partner, meine Familie damit umgehen? Wenn mich meine Ängste und Sorgen aufzufressen drohen, und davon gab es in den letzten Jahren genug, gehe ich laufen. Nur so habe ich es überhaupt schaffen können, all meine Probleme zu „verdauen“ und wieder Kraft und Mut zu tanken. Ohne Sport, ohne das Laufen wäre ich nicht die starke Frau, die ich heute trotz allem bin. Den inneren Schweinehund, der manchmal so unendlich groß und schwer ist, in den Hintern zu treten, ist schwer. Aber es lohnt sich immer!
Meine letzte Nacht war kurz
23 Uhr war ich im Bett. Meine Träume waren gruselig. Ich träumte von meinem baldigen Ex-Mann. Meine Schulter-Rücken-Schmerzen hatten ihr übriges getan. Heute Morgen fühlte ich mich mal wieder wie durch den Fleischwolf gedreht. Zum Laufen hatte ich Lust wie auf einen Vorsorge-Zahnarztbesuch, muss man machen, will man aber nicht … und wenn man da war, stellt man fest, war doch gar nicht so schlimm und unterm Strich ist alles gut. Oder? Zum Glück habe ich mich mit meinem Lauffreund Mark verabredet. Die 10 Kilometer will ich mit ihm zusammen absolvieren.
Morgens 7:30 Uhr
sitzen wir zusammen im Regionalzug nach Potsdam und quasseln uns munter. Naja, ich quassele eher, Mark hört zu, wie so oft. Der Morgen ist sehr neblig. Die ganze Stadt liegt verschlafen unter einer Dunstglocke. So, wie die Stadt aussieht, fühle ich mich …
Erst total müde und träge, aber mit dem Aufsteigen der Sonne lichtet sich der Nebel, Farben und Formen werden erkennbar, es verspricht, ein schöner Tag zu werden, mir geht es ebenso, langsam kommt Farbe in mein Herz, meinen Körper. Ja, jetzt werde ich munter und frisch. Gut, dass ich mich durchgerungen und meinem Schweinehund keine Chance gelassen habe.
In Potsdam angekommen,
fahren wir ein paar Stationen mit der Tram. Mark hat wie immer alles durchgeplant. Auf ihn kann ich mich immer verlassen. Aus der Tram heraustretend sind wir auch schon am Start-Zielbereich des Laufes angekommen. Vor uns liegt eine kleine, schmale und wunderschöne Ladenstraße mit Geschäften und Cafés. Nachdem wir die Startnummern abgeholt haben, gehen wir zum AOK-Stand hinüber. Wir begrüßen dort Michael und Ottmar herzlich, beides Mitorganisatoren des Laufes. Mit 50 weiteren Läufern wollen wir die Parkinson-Stiftung durch unsere Teilnahme unterstützen.
Im Mai, beim AVON Frauenlauf im Tiergarten, war ich auch schon unter der Flagge der AOK gelaufen. Der Lauf im Tiergarten zu Gunsten der Brustkrebshilfe geht mir als Frau natürlich besonders nah. Bei solchen Events bin ich immer gern dabei. Etwas für andere zu tun, geht mir, gefühlsduseligem Menschen, stets unter die Haut und zeigt mir auf, dass es mir gutgeht. Denn ich bin gesund und das ist nicht selbstverständlich! Nachdem wir uns in unsere Laufklamotten geworfen haben, stellen wir fest, dass wir noch viel Zeit haben.
9:30 Uhr ist der Fototermin vor dem AOK-Stand geplant
Es ist erst kurz vor 9 Uhr und somit Zeit für ein Käffchen! Es gibt hier unendlich viel Auswahl, um einen Kaffee zu bekommen … „to go“ … oder im Cáfe. Wir entscheiden uns für das „Extrablatt“. Dort hätten wir auch wunderschön frühstücken können, das Buffet sieht lecker aus. Wir haben jedoch nur Zeit für einen Cappuccino und einen Vanille-Latte-Macchiato. Den genießen wir und nutzen den Luxus, vor dem Start des Laufes auf eine normale Toilette gehen zu können. Bei Laufevents ist das sonst nicht möglich, da sind DIXI-Klos angesagt.
Pünktlich 9:30 Uhr stehen wir am AOK-Nordost-Stand
und lächeln mit anderen Läufern freundlich in die Kamera. Ich schnappe mir dann das Maskottchen von Hertha BSC und lasse mich mit dem knuddeligen Plüschbären ablichten. Danach gehen wir zum gemeinsamen Warm-up im Startbereich. Zwei Fitnesstrainer machen Übungen vor, die wir Läufer zusammen mit dem Maskottchen von Hertha BSC und dem der Berliner Füchse nachmachen. Der Bär sieht total knuffig aus, wenn er Kniekreisen macht, zum zu Boden knuddeln!
10 Uhr ist Start
Mark und ich haben uns in die hinteren Reihen gestellt, um den schnellen LäuferInnen nicht im Weg zu stehen. Mit einer Pace von 6 sind wir nicht unbedingt im Schneckentempo unterwegs, aber auch nicht die flotten Flitzer. Wir zählen mit dem Läuferfeld zusammen bis zum Start runter: 5 … 4 … 3 … 2 … 1 … go! Wir setzen uns in Bewegung. Die Sonne scheint, die Luft ist klar, die Stimmung super. Beste Bedingungen.
Wir laufen die wunderschöne Brandenburgische Straße entlang zum Potsdamer „Brandenburger Tor“, rechts und nochmals rechtsherum zur Hegelallee.
Die ersten 2 Kilometer vergehen wie im Fluge. Danach spüre ich allerdings schon, wie unsportlich ich bin. Mein Puls geht sehr hoch und ich muss tatsächlich durch den Mund Luft holen. Fit ist anders! Die stressigen Wochen fordern ihren Tribut. Trotzdem bereitet mir das Laufen Spaß, die Sonne scheint wunderbar vom Himmel, und ich bin mit Gleichgesinnten durch Potsdam unterwegs, für einen guten Zweck. Huch … tatsächlich … ein Hauch von Gänsehaut durchflutet meinen Körper.
Im Gleichschritt laufen Mark und ich weiter
Die Passage am Wasser und durch den kleinen Park, dann an der „langen Brücke“ entlang, gefällt mir am besten. Dort laufen wir ein kurzes Stück „bergauf“ und zurück zum Start-Ziel-Bereich. Nach 30 Minuten sind die ersten 5 Kilometer rum. Das war zwar nicht schnell, aber doch sehr schön. So, dasselbe jetzt noch einmal. Zuvor ein Schluck Wasser. Die zweite Runde zieht sich natürlich ein wenig und ich komme stark ins Schwitzen. Mark erzählt ab und zu etwas, was ich mit einem „hm“ … quittiere.
Ich habe keinen Atem zum Reden
Für ihn ist das hier ein Trainingslauf. Für mich sollte es das auch sein, aber vom Feeling her ist es ein harter Wettkampf. Ich benötige meine Puste zum Laufen. Im Gleichschritt geht es Kilometer für Kilometer in Richtung Ziel.
Die letzten zwei Kilometer davon etwas schneller. Ich möchte mich noch fordern. So, nun noch einmal die „Lange Brücke“ runter und dann den letzten Kilometer genießen. Auf der Zielgerade animiert mich Mark, unser Siegerlächeln aufzusetzen. Recht hat er, lächeln ist immer gut. Auch mit hochrotem Gesicht und pustendem Atem. Wir nehmen uns an den Händen, recken sie hoch und durchlaufen strahlend das Ziel, nach 59 Minuten und 41 Sekunden.
Da hat sich das Aufstehen doch gelohnt,
um bei Sonnenschein 10 Kilometer zu laufen. Jetzt geht es mir richtig gut. Mark und ich drücken uns herzlich und nehmen die Finisher-Medaille in Empfang. Die ist wirklich sehr schön. Am Wasserstand erfrischen wir uns. Ich trinke reichlich. Das Laufen im langarmigen, schwarzen Shirt war nicht gerade die beste Entscheidung dieses Morgens. Danach schlendern wir zum AOK-Stand, dort herzen wir Ottmar, der ebenfalls mitgelaufen ist. Wahrscheinlich viel schneller als wir! Michael ist auch da.
Er darf hoffentlich demnächst wieder mit dem Laufen beginnen. Er wartet sehnsüchtig darauf. Extrasystolen bei einem Belastungs-EKG hatten ihn zum Pausieren gezwungen, bis der Grund dafür gefunden wird. Er möchte unbedingt nächstes Jahr beim Berliner Marathon mitlaufen. Den musste er dieses Jahr leider ausfallen lassen.
Nach einem Plausch ziehen wir uns um und fahren entspannt nach Hause. Ich freue mich auf meine kleine Tochter, die ich heute wieder für eine Woche betreue. Was für ein schöner Sonntag! Dabei war mir das Aufstehen sooo schwergefallen. Da zeigt es sich mal wieder, den inneren Schweinehund zu treten, rauszugehen, sich zu bewegen, tut immer gut …. egal was einen quält!
Fazit zum Lauf: Ein sehr liebevolles, gut organisiertes Laufevent. Eine schöne Strecke. Am Ende gibt es eine schöne Finisher-Medaille.
Fazit des Tages: Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende. Oskar Wilde
Ich mag das Zitat von Oskar Wilde. Spannend, dass am morgen du den Quasselpart hast und beim laufen Mark. So kenn ich dich.
Liebe Silke!
Als ich nach dem Zitat gegooglt habe, war ich überrascht, dass es von Oskar Wilde ist … ich dachte, es wäre eine Weisheit oder so, da ich es aus einem Film kannte.
Übrigens: Quasseln am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen 😉
Liebe Grüße
Diana