Saisonauftakt 2017! Na gut, eigentlich ist die Lauf-Saison in diesem Jahr schon längst gestartet. Viele meiner Lauffreunde sind bereits ordentliche Zeiten gelaufen, wie Angela mit 49 Minuten auf 10 Kilometer, beim Britzer Gartenlauf. Ich bin immer noch etwas verschlafen, was das Laufen betrifft. Verschlafen bin ich auch, als morgens der Wecker kurz nach 6 Uhr klingelt. Laufen ist wunderschön. Keine Frage. Aber morgens aufstehen finde ich immer doof, auch wenn ich, wie heute so ein cooles Laufevent vor mir habe. Heute ist der Lauf um den Müggelturm dran. Für mich eine Premiere. Um den Müggelsee bin ich schon zweimal in Form des Halbmarathons gelaufen, um den Müggelturm allerdings noch nicht. Wobei das auch so nicht so richtig stimmt. Als Kind bin ich sehr oft um den Müggelturm gelaufen und natürlich auch hoch. Es gibt viele schöne Erinnerungen an diese Zeit. Als Mama habe ich meinen Kindern die Gegend auch gezeigt. Letztes Jahr war ich nach vielen Jahren wieder hier und umrundete den Teufelssee. Da war hier vielleicht was los! Das Strandbad Wendenschloss besuchte ich nicht allzu oft. Meine Eltern sind mit uns Kindern immer in die „Bammelecke“ zum Baden gefahren. Die Strecke dorthin kam mir wie eine Ewigkeit vor. So, nun aber genug Kindheitserinnerungen … Schlimm, wenn man erst mal damit anfängt. Das kennt ihr ja bestimmt auch …

2016 am Teufelssee

Ich sitze in der S-Bahn in Richtung Grünau, trinke Kaffee to go und höre Musik … Tja, nun geht sie wieder los, denke ich so bei mir. Die neue Lauf-Saison 2017 und ich habe einen mega geilen Start, da ich bei der AOK Heldenstaffel mit Michael Klotzbier mitlaufen darf. Jäh … Natürlich bin ich total aus dem Häuschen. Letztes Jahr habe ich noch ganz aufgeregt Michael nach einem Foto beim Teltowkanal-Halbmarathon gefragt. Diesmal hat ER mich angeschrieben und gefragt, ob wir ein Selfie machen. MICH… Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie ich mich gefühlt habe! Ich kann es nicht in Worte fassen. Ein kleiner Flummieball, der vollkommen durchgenknallt durch ein Zimmer springt, kommt meiner Gefühlswelt wohl am Nächsten.

Um mich zu sortieren drehe ich meine Musik laut auf und genieße die lange Anfahrt nach Grünau. Ich bin ganz frisch verliebt bis über beide Ohren, in Marc. Seit Anfang März sind wir ein offizielles Paar. Leider wohnt er 20 Kilometer vor der Schweizer Grenze entfernt. Weiter weg ging es nicht! Tja, nichts ist perfekt im Leben. Irgendwann musste es ja wieder bergauf gehen. Alles ist schön. Derzeit kann ich mich nicht beklagen, wenn auch meine Gesundheit noch einiges zu wünschen übrig lässt. Ich träume so vor mich hin, während ich in Grünau aussteige, um mit vielen anderen Läufern zur Fähre, unten an der Wassersportstraße, zu laufen. Hier mache ich ein paar Bilder. Dummerweise ist gestern mein Handy nass geworden und die Linse leicht beschlagen. Hoffentlich kann ich trotzdem einigermaßen gute Bilder machen. Die Fähre lässt auf sich warten. In der Zeit schaue ich mir die Läufer an. Viele sehen sehr trainiert und motiviert aus. Die werden wohl den Halbmarathon absolvieren. Bei mir sind es heute 5 Kilometer, die ich zu bewältigen habe. Das passt mir gut. Gestern hatte ich noch einen Long Run, 15 Kilometer durch den Treptower Park und den Plänterwald. Bei dem Wind war das kein Zuckerschlecken. Zum Glück hatte ich keine herabfallenden Äste auf den Kopf bekommen. Teilweise war das verdammt knapp gewesen, manche Äste waren mir direkt vor den Füßen gelandet. Danach bin ich zu Hause auf der Couch eingeschlafen, 2 Stunden, so fertig war ich.

Ah, die Fähre ist da! Ich liebe diese Fähre! Schon als Kind habe ich diese 5 Minuten Seeluft genossen, während man von Grünau nach Wendenschloss übersetzt. Dort angekommen sind es knapp 900 Meter zum Strandbad. Hier treffe ich meine Freunde und Leute von der AOK, der Heldenstaffel und die Trainingsgruppe der „31.000 Schritte“. Oh ja, es ist schön wieder „an Bord“ zu sein. Wie immer benötige ich sehr lange, um sich zu sortieren und mich zu entscheiden, was und wie ich mich anziehe. Es ist sehr eng im Zelt und das Wetter macht mir meine Entscheidung auch nicht einfacher. Irgendwann sehe ich Piet Könnicke und Michael Klotzbier. Beide begrüße ich … tja, dann laufe ich mal bei euch in der Staffel mit, Jungs! Ich bin stolz wie Bolle und glaube, das merkt man mir an. Trotzdem kann ich das Kompliment zu meinem Block, von Michael Klotzbier, nicht richtig annehmen. Er sei mein größter Fan, sagt er. Ich lache verlegen. Immer noch glaube ich nicht hundert Prozent an mich. Zweifel und Skepsis sind bei mir oft mit von der Partie. Schade, ich weiß … aber ich arbeite an mir! Im Übrigen gibt es Leute, die mir nachsagen, ich hätte bereits die Bodenhaftung verloren. Wie verschieden die Sichtweisen auf ein und dieselbe Person sind.

2001 – mit der Fähre auf dem Weg nach Wendenschloss – Selina, Jasmin und Géraldine

Nachdem ich auch Ottmar und Michael von der AOK freudestrahlend begrüßt habe und wir ein gemeinsames Foto gemacht haben, fühle ich mich halbwegs sortiert … bis … mich jemand darauf aufmerksam macht, dass ich mein AOK Shirt falsch herum trage. Nein! Echt!? Ja, klarer Fall. Es ist definitiv falsch herum und ich habe alle Lacher auch meiner Seite. Menno, ein bisschen peinlich ist mir das schon … Ich dreh das Shirt jetzt nicht nochmal rum. Dann müsste ich die Startnummer abmachen, neu anbringen … NÖ! … dass lasse ich bleiben. Bei einer Heldenstaffel passt eine chaotische Läuferin mit leichten Sprachfehler und falsch sitzendem Laufshirt ganz hervorragend in die Gruppe.

Jetzt fehlt noch der obligatorische Klobesuch. An den Dixi Hütten ist eine elend lange Schlange. Da geh ich lieber raus in den Wald und hocke mich hinter einen Baum, denke ich mir. Als ich aus dem Strandbad hinaus trete wird mir sofort klar, das mit dem Pipimachen in freier Natur wird wohl nix. Es wimmelt hier nur so vor Läufern und na klar, der Wald ist gewissermaßen durchsichtig. Die Sträucher haben ja nur Knospen und keine Blätter. Trotzdem möchte ich noch nicht gleich aufgeben und gehe ein Stückchen. Vielleicht ist ja doch irgendwo eine Stelle, an der ich hinter einem Baum verschwinden kann. Aber natürlich finde ich nix. Zu viel Menschen und zu wenig Grün. Deprimiert gehe ich zurück. Nebenbei mache ich Fotos vom Start, damit ich nicht ganz umsonst hier war. Jetzt muss ich mich tatsächlich an der Schlange zum Klo anstellen. Nicht nur ich finde die lange Schlange doof. Läufer die 10 Uhr starten müssen haben echt Probleme, denn es ist bereits 9:50 Uhr. Geschätzt sind noch mindestens 30 Personen vor uns. Ich habe meinen Start mit der Heldenstaffel erst 10:30 Uhr und bin fein raus. Während ich da so stehe und warte, spricht mich Betty an: „Hey, Diana … “ Cool, Betty mal wieder zu treffen. Wir waren viele Jahre Kollegen. Jetzt arbeitet sie bei der Berliner Feuerwehr und läuft mit Kollegen die 5 Kilometer mit, in voller Montur einer Feuerwehrfrau. Natürlich kommen wir gleich ins Quasseln und hören erst auf, als wir direkt vor den Dixi-Klos stehen und rein müssen. Zuvor bitte ich sie noch um ein Foto und die Erlaubnis, sie in meiner Geschichte erwähnen zu dürfen. In beiden Fällen stimmt sie zu. Toll, danke! Meine Erzählungen finde ich viel schöner, wenn ich andere Menschen mit einbeziehen kann. Das Warten vor den Dixi-Klos war so ganz entspannt. Locker gehe ich jetzt wieder zum AOK Zelt und komme genau richtig, um mit allen anderen Teilnehmern der Heldenstaffel für Fotos zu posieren.

Die AOK an meiner Seite. Michael Lotz und Ottmar Lehmann

Dazu hier folgende Info der AOK Nordost zum Thema Heldenstaffel (Zitat): Die Mitglieder der Heldenstaffel sind zum Teil behindert oder Betroffene von Menschen mit Down-Syndrom. Zusammen absolvieren sie die fünf Kilometer alleine oder gemeinsam als Staffel Distanzen mit zwei mal 2,5 Kilometern. An diesem Wochenende haben die Betroffenen einmal mehr bewiesen, dass auch Menschen mit Handicap begeistert und hochmotiviert Sport treiben können. Wichtig ist dabei nicht, wie schnell oder fit jemand ist. Im Gegenteil: In der AOK-Heldenstaffel finden vor allem Menschen Platz, die bislang noch nicht den Mut oder die Motivation hatten, um an einem Lauf teilzunehmen. Die AOK Nordost will Betroffene und deren Angehörige zu sportlicher Betätigung und einer möglichst gesunden Lebensweise motivieren. Zitat Ende

Nach dem Shooting gehe ich auf Michael Klotzbier zu und frage, ob er jetzt ein Bild mit mir machen möchte, schließlich wird es nach dem Ziel schwierig. Klar, gern, sagt er. Da mein Handy nicht so gute Fotos schießt, nehmen wir sein´s. Lächeln! Wir machen unseren „Schuss“ zusammen mit Christina, der sportlichen Inspiration von Michael Klotzbier, so jedenfalls stellt er mir diese sehr dynamische und hübsche Läuferin vor. Ansonsten stehe ich eher am Rande des Geschehens. Die Leute der Heldenstaffel an sich kenne ich ja nicht und um Michael Klotzbier und Christina bin ich oft genug herum gesprungen, wie ein aufgescheuchtes Huhn. Endlich 10:20 Uhr wir gehen gemeinsam zum Start. Wir positionieren uns. Irgendwie habe ich aber immer noch nicht ganz verstanden, wie das jetzt hier abläuft. Laufen wir alle zusammen, jeder für sich? Wurde das nicht besprochen oder war ich nur nicht da? Wahrscheinlich letzteres. Es bleibt mir nix anderes übrig, als mich durchzufragen. Okay, wir laufen alle zusammen, verstanden. Finde ich gut. Zwischendurch werden wir mit Zurufen motiviert.

Kurz vor dem Start: Christina, Michael und ich

Dann fällt der Startschuss, den Ottmar Lehmann von der AOK ausgelöst. Auf geht’s. Aber was ist das? Die Gruppe der Heldenstaffel läuft in einem Affenzahn los. Christina und ich schauen uns ganz verblüfft an. Herrgott, das halten die Mädels und Jungs ja niemals durch. Mir geht ja schon nach 200 Metern die Pumpe …. Nach 500 Metern gehen die ersten Teilnehmer. Tja, dachte ich es mir doch … irgendwie kommt mir das Ganze etwas unorganisiert vor. Vielleicht kann man solche Menschen nicht briefen, wahrscheinlich haben sie ihren ganz eigenen Kopf. Um ehrlich zu sein, hatte ich nie Kontakt zu Menschen, mit Down-Syndrom. Vielleicht sehe ich das Ganze auch zu streng, mache ich ja oft …

Ganz locker und entspannt lasse ich mich auch in den Geh-Modus fallen. Christina kümmert sich sogleich um eine junge Dame, Juliane. Ich schaue kurz und nehme Oliver an meine Seite, indem ich ihn anspreche. Mich groß zu genieren geht nicht, schließlich wollte ich mitlaufen und das bedeutet in dem Fall – MITMACHEN! Also, ran … Oliver ist auch sofort bereit, sich von mir begleiten zu lassen. Ich biete ihm an, mit mir in Ruhe weiter zu gehen und erst wieder zu laufen, wenn er Puste hat. Er nimmt meinen Vorschlag an und so gehen wir einfach durch den Wald und quasseln ein bisschen. Ganz locker geht das nicht, es kostet mich Überwindung ihn immer wieder neu anzusprechen. Anmerken lasse ich es mir jedoch nicht. Was Oliver im speziellen für ein Handicap hat, weiß ich nicht und darauf ansprechen möchte ich ihn nicht. Das Sprechen geht bei ihm nicht so flüssig und er hat einen leicht begrenzten Wortschatz. Manchmal verstehe ich ihn auch nicht richtig. In dem Fall rate ich einfach. Wohl mit Erfolg, wir bleiben im Redefluss so gut wir beiden es können, denn durch Oliver wird mir mein Sprachfehler bewusster und ich beginne ganz automatisch mehr zu stottern, als ich es sonst tue. Dieses Phänomen kenne ich schon und es erschreckt mich nicht. Es macht mich nur ein bisschen traurig, da ich dieses Stottern gern abstellen würde.

Nach dem 1. Kilometer reiße ich die Arme spontan hoch und juble, schließlich ist das für meinen Laufpartner eine anstrengende Strecke und ich möchte ihn motivieren. Oliver macht mit, jäh … Noch 4 Kilometer habe wir zu absolvieren. Das wird einige Zeit dauern wenn wir so weiter marschieren. Mir sitzen noch die 15 Kilometer von gestern in den Knochen und ich bin zum Glück warm genug angezogen. Von mir aus können wir die gesamten 4 Kilometer gehen. Oliver sieht das auch so. Er ist die Entspannung pur und beginnt mir von seinem Kraftsport und seinem Wettkampf im Mai zu erzählen. Gewichtheben oder Reißen, wie es wohl auch heißt, macht er. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, bis zu 150 Kilo. Er trainiert auch richtig taff, 5 mal die Woche. Ich bin ehrlich beeindruckt. Unter dem etwas zu großen Laufshirt, lassen sich seine Muskeln auch erahnen. Ich soll mal anfassen. Okay … dann mache ich das mal …. tatsächlich Muskelmasse pur.

Mittlerweile sind wir bei Kilometer 2 angelangt und wir laufen mal wieder ein Stücken. Dabei überholen uns unzählige andere Läufer, auch die Feuerwehr-Truppe. Betty sehe ich allerdings nicht mehr, die wird wohl ganz vorne sein. Nach knapp 500 Metern möchte Oliver wieder gehen. Kein Problem, wir haben viel Zeit und mittlerweile bin ich warm mit Oliver geworden und kann mir vorstellen die restliche Strecke mit ihm in sehr harmonischer Zweisamkeit zu absolvieren. Das werden die längsten 5 Kilometer meiner „Läuferkarriere“ und es fühlt sich total super an. Am 3. Kilometer bitte ich Oliver um eine Fotopause. Wir hocken uns hin und ich schieße ein Selfie. Lächeln! Es geht weiter. Jetzt sind es nur noch 2 Kilometer. Wir laufen wieder ein Stückchen und wechseln nach 500 Metern ins Gehen. Auf dem Teil der Strecke haben wir zum Glück auch Läufer der 10 Kilometer Strecke dabei, die wir immer freundlich an uns vorbei lassen. Dann sind wir nicht so einsam. Irgendwie finde ich das hier wirklich toll. Ein lockerer 5 Kilometer Laufspaziergang am Sonntag an der frischen Luft mit einem sympathischen jungen Mann.

Zieleinlauf

Einen letzten Kilometer haben Oliver und ich nun noch. Wieder bejuble ich die Kilometeranzeige. Oliver möchte wieder laufen. Da mache ich mit. Nur noch einmal pausieren wir kurz um dann gemeinsam ins Ziel zu laufen, wo alle anderen der Heldenstaffel freudestrahlend warten. Oliver und ich klatschen zuerst uns und dann alle anderen Teilnehmer ab. Es werden noch ein paar Bilder am Rande von uns gemacht und dann geht’s zum Umziehen. Ab jetzt wird es wieder etwas wuselig. Ich verspreche Piet noch, meine Bilder an ihn zu senden, damit Oliver zu seinen Fotos kommt. Anschließend verabschiede ich mich von dem jungen Mann, mit dem ich 5 Kilometer gelaufen bin. Der Eine oder Andere verabschiedet sich auch bereits. Ich brauche etwas länger. Dann suche ich nochmal den Kontakt zu Michael und Christina, da ich mich von ihnen persönlich verabschieden möchte. Michael freut sich auf meine Geschichte, sagt er. Außerdem möchte er mein Buch, mit persönlicher Widmung, haben. Das ist mega cool Das freut mich sehr! Das hätte ich vor einem halben Jahr nicht gedacht, dass wir beide mal zusammen quasseln, er meine laufenden Geschichten mag und mein Buch lesen will. Sehr glücklich und entspannt mache ich mich auf den Heimweg. Ich setzte wieder meine Musik auf und träume vor mich hin, von meinem Weg als Buch-Autorin, Läuferin und als Frau an der Seite eines Mannes, den ich von ganzem Herzen liebe! Derzeit benötige ich nur noch Gesundheit. Die wird noch kommen, da bin ich mir sicher. Mein persönliches Glück kam ja auch – ganz unerwartet!

Fazit zum Lauf: Es war toll und ich bin sehr stolz, Teilnehmer dieser Heldenstaffel gewesen zu sein. Hoffentlich bekomme ich die Chance noch einmal.

Fazit des Tages: Glücklichsein hängt von der persönlichen, inneren Einstellung ab.

Verträumt nach Hause …
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