Jahrelang bin ich, mehr oder weniger, wie eine Irre gelaufen. Schnell, weit, hoch, runter, in Intervallen, ganz langsam, allein, mit Traningspartner oder in der Gruppe und oft auch am absoluten Limit. Seit geraumer Zeit fehlt mir dieses Bedürfnis, es sich läuferisch beweisen zu müssen. Mir fehlt der Biss! Wo ist er hin? Die letzten 7 Jahre waren eine große Herausforderung. Das Laufen hatte mir Halt gegeben. Laufen war Therapie, Trost-und Freudenspender, der Beweis an mich selbst stark zu sein, Glücksbringer. Laufen war mein Leben! Nun habe ich mein Leben wieder, wenn auch in anderer Form selbstverständlich.

In unserer Mädels-WG steht eine riesengroße Couch, die uns liebenswürdigerweise Werner überlassen hat. Sie wird von den Mädels die Porno-Couch genannt. Sie ist mit dunkelrotem Samt bezogen und sehr einladend für ein ausgiebiges Kopfkino. Auf dieser Couch sitze ich gern allein oder auch mit meinen Mädels, trinke Weinschorle, schaue romantische Komödien und verbrauche dabei unzählige Taschentücher. Liebeskummer eben.

Ein Prost auf Selina zu ihren 18. Geburtstag

Maya und ich teilen uns das Schlafzimmer in der Wohnung

Wenn ich Filme schaute, dann meistens in Bewegung. Ich stand nebenbei auf meinem Wackelbrett, machte Pilates oder Yoga. Schließlich wollte ich sportlich fit und trainiert sein, um intensiv laufen zu können. Damals habe ich mich auch sehr wohl dabei gefühlt. Es war eben so, wie es war, alles war in Bewegung. Stillstand hätte ja bedeutet, zur Ruhe zu kommen und zu bemerken, was um mich herum passiert. Genau DAS wollte ich ja nicht. Ich wusste genau mein Leben ist eine große Blase, die jederzeit zerplatzen konnte. BANG!

Natürlich konnte all mein Laufen, trainieren und im Hamsterrad umher rennen, das Schicksal nicht aufhalten. Der große Crash kam mit aller Macht im Januar 2016 – das Ende der Ehe mit Michael Grimm. Bis dahin konnte ich jedoch einen Rekord nach dem Nächsten erlaufen. Ich war unermüdlich. Jetzt ist der große Crash überstanden, ich bin recht gut sortiert und verspüre keinerlei Drang, läuferisch durch die Decke zu gehen. Liegt es an der Veröffentlichung meines Buches “33 laufende Geschichten”, der wöchentlich wechselnden Betreuung meiner kleinen Maya, dem Volltagsjob , um meine Miete bezahlen zu können und dem daraus resultierenden Zeitmangel oder an den sich langsam heranschleichenden Wechseljahren? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht.

Nach Jahren macht mir, wenn mal vorhanden, Ruhe keine Angst mehr. Natürlich bin ich als “Hummelchen” nicht der Typ Mensch, der wirklich ruhig sitzen bleibt. Ich werde immer in Bewegung bleiben und hektisch Gläser vom Tisch schmeißen, leicht grüblerisch bleiben, aber ich habe kein Bedürfnis mehr, es mir beweisen zu müssen, ein vollwertiger Mensch, ein gute Mutter oder die perfekte Frau zu sein. Ich bin, was ich bin und ich bin gut, so wie ich bin. Diese Erkenntnis hat Jahre gebraucht. Das Laufen ist nach wie vor ein sehr wichtiger Teil meines Lebens. Ich liebe es zu laufen. Aber derzeit liebe ich es einfach “nur” zu laufen. Die Bewegung draußen (egal bei welchem Wetter), das Laufen mit Freunden, laufen mit Musik (immer super cool!). Laufen macht mich glücklich, Es ist Genuss.

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