Nr.2 der 33 laufenden Geschichten
26. Juli 2014 Vattenfall City Nacht
Am Tag des Wettkampfes muss ich 4:30 Uhr aufstehen
um meinen Dienst im Labor zu schieben. Danach fahre ich schnurstracks nach Hause und versuche ein bisschen zu entspannen, heißt 30 Minuten Kurzschlaf. Das klappt gut, denn davor gibt es leckere Vollkorn-Spagetti und zum Nachtisch selbstgemachten Obstkuchen von meiner Tochter Géraldine mit Erdbeeren, Heidelbeeren und Schlagsahne, hm super lecker!
Anschließend geht es zusammen mit Géraldine und ihrem Freund Joshua, aus Hongkong, zum Ku´damm zur Vattenfall City-Nacht! Jäh! Es freut mich sehr, dass die beiden Verliebten mich begleiten möchten. Mein Mann Mike und unsere kleinen Maya kommen erst später nach, was ich schade finde. Aber ich kann meinen Mann nicht umstimmen, von Anfang an mit dabei zu sein. Er möchte jedoch später zu Géraldine und Joshua stoßen.
Ich habe mir vorgenommen an diesem Sommerabend
persönliche Bestzeit zu laufen. Den AOK After Work Run besuche ich nun seit 4 Wochen. Das ist nicht lang. Trotzdem habe ich das Gefühl, schon Fortschritte gemacht zu haben. Heute sollen sich diese auszahlen! Bis dahin war meine Bestzeit auf der 5 Kilometer Strecke knappe 27 Minuten. An diesem Abend wollte ich sie knacken! Leichter gesagt als getan, bei 29°C und einem langen (Arbeits-)Tag. Mein Körpergefühl ist trotz allem sehr gut. Ich fühle mich unendlich schnell und stark! Na dann auf volles Risiko…
Géraldine und Joshua verabschieden mich
am Startbereich und stellen sich einige 100 Meter weiter, an der verabredeten Stelle auf, um mich anzufeuern. Ich freue mich auf Mike und Maya, wenn ich sie dort auch gleich sehe. Bei meinem Vorhaben ist es einfach toll, Unterstützung an der Strecke zu haben. Ich freue mich so sehr darauf, mal alles zu geben und kann den Countdown kaum erwarten.
So starte ich dann auch. Ich laufe volles Risiko und gebe alles. Da ich mich sehr gut fühle, lasse ich den Versorgungsstand aus. An der verabredeten Stelle stehen meine Tochter und ihr Freund. Sie jubeln mir zu. Ich freue mich wie ein Honigkuchen. Jäh!
Zugleich sehe ich entsetzt, dass mein Mann und Maya fehlen
Ist er (mal wieder) zu spät? Keine Ahnung … ich schaue einfach nach vorne und laufe … grüblerische Gedanken lasse ich jetzt nicht aufkommen …
Weiter! … Weiter! …
Am Ziel komme ich fix und fertig an
Meine Zunge klebt mir am Gaumen, meine Beine sind ganz schwach, mein Herz pocht so stark als würde es mir aus dem Brustkorb springen. Aber! Ich bin unendlich stolz und somit glücklich! Denn meine Zeit im Ziel lautet: 25:32 – einfach nur geil, geil, geil! Jetzt höre ich auch Mike und Maya rufen. Ah, sie haben hier gewartet. Warum eigentlich? Egal … Ich freue mich einfach und teile das auch mit, indem ich Mike um den Hals falle und ihm, fast schreiend, ins Ohr brülle „Ich habe meine Bestzeit geknackt! 25 Minuten!“.
Bis dahin ist noch alles gut. Gemeinsam laufen wir zur U-Bahn und fahren Richtung Heimat. Während ich noch vollkommen aufgedreht auf Wolke 7 schwebe, ist mein Mann mit seiner Lauf-App beschäftigt. Er kann sich gar nicht von seinem Handy lösen.
„Was ist los?“, frage ich ihn
Er wirkt so abwesend … aus heiterem Himmel klinkt sich Mike auf einmal aus. Er will nach Hause fahren. Was!? Wir wollten doch zusammen am Alexanderplatz auf den Rummel gehen und dort auf dem Sommerfest feiern? Mit den Worten „Ich brauche jetzt auch mal Zeit für mich allein, du hattest genug Zeit für dich.“ lässt er mich allein stehen, da ich nicht willig bin, mit ihm nach Hause zu fahren.
Géraldine, Joshua, Maya und ich fahren nun allein zum Alexanderplatz
Dort essen wir gemeinsam ein leckeres Eis. Im stillen fühle ich mich wegen Mike etwas verloren und verlassen, lasse es mir aber nicht anmerken und genieße noch ein bisschen den Abend mit Géraldine, ihrem Freund und der kleinen Maya, die mir ihren viereinhalb Jahren noch super drauf ist.
Dabei denke ich immer mal wieder bei mir … 25 Minuten auf 5 Kilometer… Wahnsinn…
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