Nr.26 der 33 laufenden Geschichten
23. Juli 2016 – 3. Craft Women´s Run in Berlin
Eigentlich wollte ich diesmal wirklich nur über den Lauf selbst schreiben
Meine letzte Geschichte zum Schweriner Fünf-Seen-Lauf war so lang geworden, dass ich dachte, mich mal zurückhalten zu müssen. Nun ja, aber ich muss euch wieder mehr erzählen, es geht nicht anders. Meine Freundin Melitta und ich wollten uns schon ganz früh auf den Weg machen, um viel Zeit vor dem Start beim Craft Women‘s Run füreinander zu haben. 12 Uhr waren wir verabredet. Tatsächlich vor Ort waren wir erst 14:30 Uhr. Es war meine Schuld. Ich habe Melitta vollgequasselt, noch bevor wir überhaupt losgefahren waren. So ging es schon mal los. Allerdings sind zweieinhalb Stunden Zeit vor einem Start nun auch nicht gerade wenig, könnte man denken … Wir haben gleich nach unserer Ankunft die Startnummern geholt und uns ins Getümmel gestürzt.
Damit begann das „Drama“:
Wir wollten nacheinander all unsere Gutscheine, die wir zusammen mit der Startnummer bekommen hatten, einlösen … Tja, leichter gesagt, als getan. Wir haben tatsächlich über anderthalb Stunden gebraucht, um (fast) alle Gutscheine einzulösen. Der reinste „Gutschein-Einlöse-Marathon“, denn an manchen Ständen war es furchtbar voll. Spaß hatten Melitta und ich trotzdem, gerade an den Ständen, wo man sich fotografieren lassen konnte. Das macht mir persönlich immer viel Freude! Zwischendurch ist auch etwas ganz Wundervolles passiert …
Am Stand von „Polar“,
als Melitta von mir Spaßbilder als „Streckenkönigin“ machen möchte, spricht mich eine Läuferin an. Ob wir uns irgendwie kennen oder zumindest käme ich ihr bekannt vor. „Wahrscheinlich aus einer Laufgruppe bei Facebook“, sage ich. „Ja“, meint sie und fragt nach meinem Namen. Nachdem ich ihr den verrate, meint sie, mich zu erkennen. Sie ist auch in der „Berliner Laufgruppe“ und jetzt kommt es … sie kennt meinen Lauf-Blog … und … sie liest ihn! HAMMER!
Die erste Person, die meinen Lauf-Blog liest, mich darauf anspricht und NICHT irgendwie mit mir bekannt, verwandt oder verschwägert ist. Ich bin total ergriffen und bedanke mich. Sie bemerkt, dass ich heute kein Kopftuch trage. Ich weiß, heute wollte ich es mal weglassen, schließlich war ich ganz frisch beim Friseur.
In Zukunft sollte ich das Tuch jedoch konsequent tragen,
es ist ja wohl mein Markenzeichen. Wir kommen noch ins Quasseln: z.B. über meine letzte Geschichte vom Schweriner Fünf-Seen-Lauf und IHRE Laufpläne. Andrea Dorothea, so heißt die Dame, wird dieses Jahr in Berlin ihren ersten Marathon laufen. Wow! Respekt. Diese Distanz traue ich mir noch nicht zu. Wir verabschieden uns ganz herzlich, wünschen uns gegenseitig alles Gute und gehen dann getrennte Wege. Wobei wir nun Freunde bei Facebook sind…
Die Läuferwelt ist ein Dorf,
finde ich jedenfalls, denn wir treffen noch andere Läuferinnen mit und ohne Familie. Zum Beispiel Andreas und seine drei Mädels (Frau und zwei Töchter). Er hat heute mal Laufpause, dafür geht seine Frau auf die 8 Kilometer-Runde. Zusammen stehen wir in der Schlange am Stand von „Dr. Kade“. Hier muss man für seine Gratisproben richtig ackern, nämlich mit einem Sensorstab an einer Metall-Leitung entlangfahren, ohne Berührung natürlich. Herrje, ich habe 26 Kontakte bei meinem Versuch. Das ist verdammt viel. Von weitem sah das sehr viel einfacher aus. „Mein” kleines rosa Täschchen bekomme ich trotzdem. Cool!
Kurz nach 16 Uhr
haben wir dann fast alle Gutschein-Einlöse-Geschenke zusammen und fallen total erschöpft auf den Rasen des Reiterstadions. Zum Glück brennt die Sonne nicht mehr so heiß auf unseren Pelz, da sich einige Wolken am Himmel gebildet haben. Ich kaufe mir ein leckeres Soft-Eis, das ich dann erst einmal genüsslich verdrücke. „Warum wollen wir eigentlich noch laufen?“ fragt mich Melitta schmunzelnd. „Wir haben doch alles, was wir brauchen. Warum tun wir uns das jetzt noch an und laufen? Wir sind doch bekloppt!“, fügt sie hinzu. „Weil wir eben bekloppt sind.“, sage ich schulterzuckend und lecke an meinem Eis. Ja, irgendwie hat sie ja recht. Wir sind total fertig. Beide hatten wir die Nacht schlecht geschlafen. Ich wegen des Amoklaufes in München … es war für mich schwer abzuschalten. Ich hätte auch ausschlafen können, war jedoch prompt schon kurz nach halb sieben wach. Na super, hatte ich gedacht. Da kannst du schon ausschlafen und dann wirst du von allein so früh wach. Nun ja, ist eben so.
Nichtsdestotrotz quälen Melitta
und ich uns in die Senkrechte und laufen mit unseren schweren und vollen Tüten in Richtung Eingang, „Shopping Queens“ sind da nix dagegen. Am Eingang wollen wir für „kleine Mädchen“ und haben großes Glück. Zu diesem Zeitpunkt ist die Schlange an den DIXI-Klos sehr übersichtlich. Melitta beschließt noch spontan, die Finisher-Tasche abzuholen. Okay! Mache ich auch … wenn ich nur diesen verdammten Gutschein in meinem Gewusel von Beuteln, Zettelchen und Gratisproben finden würde … ich schicke Melitta schon vor … ohne Hoffnung, dieses winzige Stückchen Papier je wiederzufinden. Kram, kram, kram … Ah! Da ist ja der Gutschein! Schnell mache ich mich auf, um Melitta einzuholen. Jetzt haben wir noch mehr zu schleppen. Voll bepackt wie Esel machen wir uns auf zur Gepäckabgabe, die ist unkompliziert und geht schnell, trotz langer Schlange.
Es ist nun schon 16:45 Uhr
Na dann auf zum „Warm up“, welches schon begonnen hat. Melitta und ich trennen uns, zuvor drücken wir uns natürlich noch und wünschen uns alles Gute. Ich drängle mich vorsichtig, aber doch recht frech, durch die Menge der Mädels, da ich ziemlich weit vorne starten möchte.
Denn ich möchte schnell laufen, trotz der Wärme … wie schnell, ist nur die Frage! Ich habe mich nicht noch einmal schlau gemacht, welche Zeit ich letztes Jahr gelaufen bin. Ob ich es schaffe, um die 40 Minuten zu laufen? Hm, wäre cool. Gut trainiert bin ich. Das „Warm up“ mache ich nicht richtig mit. Es ist sowieso schon so warm. Bei der Menge an Frauen ist es auch unrealistisch, sich ordentlich zu bewegen.
Die letzten zwei Jahre war es weniger voll.
Tja, die Teilnehmerzahl bei den Läufen steigt stetig. Das ist cool, wenn es auch zur Folge hat, dass man kein ordentliches „Warm up“ machen kann. Eigentlich sind wir Mädels hier, um Spaß zu haben und nicht, um Höchstleistungen zu bringen, oder? Genau! Also tippe ich nur ein bisschen mit den Beinen mit und klatsche. Schnell laufen will ich nachher trotzdem, ob das so auch klappt? Der DJ heizt uns ordentlich ein und „schwuppdiwupp“ ist die Zeit um.
Der Countdown läuft: 5 … 4 … 3 … 2 … 1 – go!
Ein Meer von dunklem Pink setzt sich in Bewegung. Ich laufe, wie so oft, an der rechten Seite los. Meine Musik habe ich heute per Playlist auf Speed sortiert. Ich möchte Spaß beim Laufen haben und mich pushen. Allerdings ist der Spaß schon ziemlich zu Anfang am Ende. Gleich nach der rechts-links-Kurve müssen wir auf die Rückseite der Tribüne zum Maifeld hoch. Ach du Scheiße, das hatte ich wirklich nicht mehr auf dem Schirm. Mist! Sofort schießt mein Puls in die Höhe, meine Beine melden an, dass sie nicht ordentlich warm gemacht worden sind. Tja Lady, so wird das nix!
Bereits vor dem 1. absolvierten Kilometer schnaufe ich wie ein Walross
und bin wahrscheinlich rot wie eine Tomate. Zum Glück geht’s nach ein paar Metern wieder hinunter. Puh, das wird ein harter Lauf, denke ich so bei mir. Ich laufe mit einer Pace von knapp 5:15. Das ist schnell und ich möchte diese Geschwindigkeit auch halten. Hey, wie cool ist das denn, es geht hinunter zum Marathontor und ins Olympiastadion. Definitiv ist die Strecke dieses Jahr anders. Meine Freundin Melitta hatte es ja angedeutet, wie die Strecke verläuft, aber dieses Jahr bin ich vollkommen unbedarft an den Start gekommen.
Beim BIG 25 ist das Hineinlaufen ins Marathon-Tor zwar besser, weil unten im Gang dann eine Samba-Band steht, einen Höllen-Krach macht und damit das Adrenalin in die Höhe schießen lässt, aber nichtsdestotrotz ist es toll, eine Runde auf der blauen Tatartbahn zu laufen. Dumm nur, dass danach wieder eine Steigung zu erklimmen ist, um aus dem Stadionbereich hinauszukommen. Den Sandhügel hoch die letzten beiden Jahre war schon hart, das Streckenprofil dieses Jahr empfinde ich persönlich aber als härter.
Nach erst 2,5 Kilometer klebt mir die Zunge am Gaumen fest
Wann kam jetzt die erste Versorgungs-Station? Tja, Diana hättest dich ja mal schlau machen können. Nun hast du den Salat! Bei Kilometer 3 gibt es Wasser und … ganz fantastisch … eine Dusche, durch die ich in Ruhe hindurchlaufe. Dann nehme ich mir Zeit beim Wasser holen, trinke genüsslich und schütte mir den Rest einfach in den Rücken. Soviel Zeit muss sein. Ab da realisiere ich auch schon, dass es mit den 40 Minuten nix wird. Ich kann zwar nach der Versorgungspause wieder recht beschwingt loslaufen, aber es geht schon wieder leicht „bergauf“ und die Wärme ist auch definitiv too much. Außerdem finde auch keinen richtigen Rhythmus. Das ist heute nicht so mein Lauf.
Die nächsten 3 Kilometer laufen unter Berücksichtigung der Umstände gut
Ich laufe jetzt immer in gleicher Geschwindigkeit mit einer Pace von 5:15 und pausiere an den Versorgungspunkten, um mich mit einer Dusche und Wasser zu versorgen. Zweimal passieren wir eine Samba-Band, die beklatsche ich ordentlich, schließlich haben die auch ein taffes Programm bei diesem Wetter. Dann ist es nur noch knapp etwas über einen Kilometer. Wie schön, gleich da. Das macht heute irgendwie nicht so recht Spaß bei der Wärme. Beim letzten Versorgungsstand durchlaufe ich nur die Dusche, trinken geht nicht. Mein Magen ist dicht. Das Tempo drückt halt drauf.
Dann endlich Einlauf in das Reiterstadion … rechtsrum? Wir müssen kurz den Ordner fragen, denn so richtig eindeutig ist das hier nicht. In letzter Sekunde winkt er uns ein. Jup, rechts! Gut alles klar. Bock auf einen Finish-Sprint habe ich definitiv nicht. Im Reiterstadion ist Rasen, da kommt man schnell ins Stolpern. Ich laufe lieber konstant ins Ziel. Die 42 Minuten Zeit-Marke schaffe ich sowieso nicht mehr. Was nun hinter der 43 steht, ist auch egal.
Es ist schön, im Ziel zu sein.
Ich freue mich, aber ein wenig enttäuscht bin ich schon. Hm, werde ich in Zukunft nicht mehr schneller werden auf den kurzen Strecken? Ist mein Zenit vorüber oder war es die Wärme und die schlechte Vorbereitung vor Ort. Der „Gutschein-Einlöse-Marathon“ vielleicht? Keine Ahnung! Langsam schlendere ich zur Zielversorgung. Oh wie schön … Melone … lecker … davon nehme ich mir mehrere Stücke. Hm, wie frisch. Danach noch eine Ananas und einen Schluck Wasser. Jetzt geht es mir besser! Ich vertrete mir kurz die Beine. Wie schnell es einem dann wieder besser geht. Solange das noch geht, ist alles gut! Ich treffe noch Fridericke aus Potsdam und frage sie nach ihrem Lauf. 38 und noch was Minuten ist sie gelaufen. Fantastisch! Tja, das ist definitiv nicht meine Liga.
Melitta!, denke ich spontan. Ich hatte ihr versprochen, im Ziel auf sie zu warten. Also wieder zurück. Ich hole mir noch ein „Erdinger alkoholfrei“, schnappe mir noch Melone für sie und gehe ich Richtung Ziel. Tja, wann wird sie „aufschlagen“? Keine Ahnung. Melitta ist nicht so „schnell“ wie ich, aber mehr weiß ich auch nicht. Durchgekommen sein wird sie ja wohl noch nicht.
Ich stelle mich so nah wie möglich ans Ziel,
ohne jemanden zu stören. Andrea Dorothea sehe ich auch ins Ziel kommen, rufe aber nicht. Sie soll mal in Ruhe ankommen. Viele pinkfarbene Läuferinnen kommen jetzt rein, es geht zu wie im Taubenschlag. Irgendwann steht Melitta fast vor mir. Trotz aller Konzentration habe ich sie fast übersehen. Ich rufe noch laut jubelnd ihren Namen und reiße die Arme hoch, wie versprochen. Wir drücken uns herzlich. „Schön, dass du gut angekommen bist.“, sage ich zu ihr. „Es war ja so verdammt warm“ und drücke ihr zwei Melonenstücke in die Hand. „Hier zur Erfrischung!“
Nun schlendern wir gemeinsam zurück, versorgen uns nochmal mit Getränken und Obst. Alles ganz in Ruhe. Dann schaue ich auf mein Handy. Ich habe Nachrichten von meinen Freunden aus Spandau, mit denen ich mich nach dem Lauf treffen wollte. Gut, na dann … ich nehme Melitta mit und stelle sie vor. Meine Freunde wiederum stellen Melitta und mir Mel vor. Sie ist bei den 5 Kilometern gestartet. Wir setzen uns und quasseln kurz. Dann möchte Melitta nach Hause. Dort wird heute Abend noch lecker gegrillt. Ich begleite sie noch nach vorn und verabschiede sie herzlich. Danach hole ich mir meine Urkunde. Meine offizielle Zeit 43:18 min.
Übrigens weiß ich jetzt auch, was ich letztes Jahr gelaufen bin, eine 42:02 min. Tja, klarer Fall von lahmer Ente …
Meine Freunde und ich machen uns dann auf nach Spandau. Dort gibt es eine Dusche, eine Weißweinschorle und Knabberzeug. Bei klassischer Musik nehme ich die Beine hoch und entspanne, während wir uns sehr schön unterhalten … was für ein schöner Tag und Abend …
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