Matsch, Matsch – überall Matsch. 29 Kilometer sind auf meiner Laufuhr angezeigt. Ein Kilometer liegt noch vor mir. Ich habe den verdammten Berg erklommen und werde meine angepeilte persönliche Bestzeit nicht schaffen …. wegen was ?!? Matsch! Die Zeit tickt … 2 Stunden und 52 Minuten

Was zuvor geschah …

Ich hatte, ehrlich gesagt, absolut keine Anhnung, was oder besser gesagt, wie ich laufen sollte – die 30 Kilometer beim Schweriner Fünf Seen Lauf. Letztes Jahr, bei meiner Premiere, waren es drei Stunden und drei Minuten. Es hatte geregnet, wie heute, am 1. Juli 2017. Seit 4 Monaten war ich glücklich liiert, und hatte zwei kurze und intensive Nächte hinter mir 😉 – das Privileg einer jungen Liebe.

Wie stand es jetzt mit dem Lauf? 30 Kilometer sind lang, auf jeden Fall für mich. Schließlich bin ich noch nie über diese Distanz hinaus gegekommen. Trainiert hatte ich genug. Mein letzter Long Run ging über 25 Kilomter. Alles top? Oder Flop? Als sich Marc in den Zug setzte, um nach Hause zu fahren, ging ich schweren Herzens zum Start des Laufes. Wir beiden wollten uns nicht trennen. Aber im Leben gibt es Dinge, die man möchte und Dinge, die man muss …

Am Tag zuvor: Kaffee und Kuchen genießen mit Marc, trotz Regen …

… danach, Startnummer abholen, in High Heels. 😉

Der Startschuss fällt bei leichtem Regen. Ich habe ein Déjà vu, letztes Jahr war es genau so. Der leichte Regen begleitet uns einige Kilometer, ob das ein gutes Omen ist? Ich beschließe mit der 6er Pace zu laufen und abzuwarten. Viel verlieren konnte ich ja nicht. Entweder halte ich das Tempo durch und gewinne oder ich muss irgendwann mit der Geschwindigkeit runter und würde über die 3 Stunden Marke hinaus laufen … und dann ? Na nix, dann ? Ich werde nicht an den Pranger gestellt, geköpft oder gevierteilt. Somit ist klar, ich kann nur gewinnen. Na dann, mal los. Die ersten 10 Kilometer laufen sich, wie letztes Jahr, wie von selbst. Diese Beschilderung „nur noch 25 Kilometer“ und so weiter … sind einfach super für die mentale Unterstützung. Warum kommen da andere Lauf-Veranstalter nicht drauf.? Oder vielleicht bin ich auch noch nicht weit genug herum gekommen, in der Läuferwelt 😉

Was auch toll ist, durch die schmalen Wald-und Wiesenwege müssen wir Läufer dicht beieinander oder gar im Gänsemarsch, hintereinander laufen. Mir gefällt das! Mein Vordermann oder meine Vorderfrau haben die selbe Pace. Tipp, tipp, tipp … wir laufen alle im Gleichschritt. Das ist cool. Übrigens laufe ich ohne Musik auf den Ohren. Ja, tatsächlich. Heute möchte ich mal die Natur genießen, die anderen Läufer schnaufen hören oder ihre gleichmäßigen Schritte vernehmen. Die unrunden Schritte mancher Läufer macht mich allerdings eher kirre. Aber wer das eine liebt, muss das andere mögen. So geht es durch Wald, Wiesen und natürlich, am Wasser – an Seen vorbei. Der Nieselregen ist mir ziemlich schnuppe, letztes Jahr bin ich bis auf die Haut nass geworden. So etwas macht mir schon lange keine schlechte Laune mehr.

Nach 15 Kilometern ist immer noch alles super. Ab und an schnellt mein Puls in die Höhe, denn die kleinen Anstiege sind echt fies und der matschige, rutschige Boden, samt „Wurzelmännchen“ machen es zu einer großen Herausforderung, hier zu bestehen. Um ehrlich zu sein, mir macht das Spaß! Anders möchte ich es gar nicht haben. Bei schönem Wetter, in einer Stadt auf Bestzeit zu laufen, kann jeder. So was hier ist anders …. es ist was für harte Läufer. Ich nutze bis jetzt jede Versorgungsstation und trinke Wasser. Auf die durchnässten Bananen und Kekse verzichte ich lieber. Dafür nehme ich innerhalb der 30 Kilometer zwei von diesen Marschmellow Dingern. Die sind in in einer kleinen Tüte verpackt und somit wasserfest – jäh!

Am Schild „noch 15 Kilometer“ mache ich wieder ein Foto, dass ist ein MUSS. Hier ist schließlich Bergfest! Meine Sportuhr zeigt eine Stunde und 50 Minuten an. Das ist sauschnell. Ich strahle innerlich wie ein Pfannkuchen. Wenn das so weiter läuft, ich es ganz dicke unter 3 Stunden zu bleiben, wie geil wäre das denn. Noch sind es 15 Kilometer, schön ruhig bleiben Diana. Es geht weiter durch den Wald. Irgendwann verlassen wir diesen leider und laufen durch einen Schweriner Plattenbau Stadtteil. Auf dem Weg steht verblasst – Stop Muslime – oh je … hier wohnen wohl nicht sehr weltoffene Menschen.
Ab hier setzte ich dann doch meine Kopfhörer auf, allerdings in-ear, meine Mickey Mäuse hab ich nicht dabei. Oh ja, die Musik in den Ohren tut gut. Der Beat geht in meine Beine, mein Herz hüpft vor Freude, show time ladys and gentleman. Hier wird jetzt der Schweriner Fünf Seen Lauf gerockt, in einer neuen Bestzeit von 2:59 … träumen darf ja wohl erlaubt sein 😉 Bis Kilometer 20 ist alles super. Eine Portion Zitrone mit Salz gönne ich mir an einem Stand, auch ein paar Meter gehen. Ich möchte mein Wasser in Ruhe trinken. Wie immer bedanke ich mich auch bei den Helfern an den Ständen, schließlich wären wir Läufer ohne ihre Hilfe ganz schön aufgeschmissen. Die Laufzeit ist immer noch fantastisch – eine Stunde und 50 Minuten. Marc, dem ich meine Bilder noch vor Ort zu sende, ist ganz aus dem Häuschen vor Freude. Er fährt zeitgleich mit dem Zug nach Südbaden, zusammen mit seiner Tochter Jula, die bereits Sommerferien hat. So, nun aber genug gesendet. Ab hier konzentriere ich mich ganz auf meinen Lauf, denn ab hier wird es hart werden.

Noch 10 Kilometer, das ist überschaubar. Allerdings kommt bei Kilometer 28 dieser fiese Berg, der hat es in sich! Ich werde einen großen zeitlichen Puffer brauchen, denn ich muss die beiden Bergspitzen hochgehen, an laufen ist für mich nicht zu denken. 15 Minuten für die letzten beiden Kilometer haben zu können, wäre super. Die nächsten Kilometer laufen sich etwas schwerer und ich wünsche mir den bösen Berg herbei, um mich ihm stellen zu können. Der Teil zieht sich aber, wie Kaugummi. Zu allem Schönen beginnt es jetzt, wie aus Kanne zu gießen an. Na super, wenn es noch irgendeine trockene Stelle an meinem Körper gab, wird sie jetzt definitiv nass! Ich gehe hier die kleinen Mini-Anhebungen hoch, um Kraft zu sparen, da ich zeitlich super dran bin, denke ich, dass ich mich irre, kann ich nicht ahnen ….

Endlich bin ich am Berg! 20 Minuten habe ich Zeit. Jäh, denke ich, das wird eine geile Zeit. Aber alles kommt anders:
Zuerst einmal versinken wir Läufer alle in einer überschwemmten Wiese. So, jetzt sind die Schuhe auch vollkommen nass. Glückwunsch. Egal, das gehört dazu. Weiter, den Berg hoch. Alle um mich herum gehen gemächlich die Anhöhe hoch. Wozu auch rennen. Hinter uns liegen 28 Kilometer durch Wald, Wiesen, Pfützen und Schlamm. Wir sind alle nass. Eine junge Läuferin zieht an uns allen laufend vorbei. Aus dem Augenwinkel rufe ich ihr zu: „Da kommt noch ein Berg. Ich würde lieber gehen.“ „Was noch ein Berg?“ fragt sie erschrocken. „Ja, ein kleiner Anstieg.“ sage ich. Sie beginnt sofort zu gehen. Besser so, denke ich so bei mir.

Beide Anstiege sind erklommen. Ich bin überglücklich und stolz! Bäume könnte ich ausreißen oder wildfremde Menschen umarmen! Geschafft. Nun nur noch der Abstieg und die kurze Zielgerade auf der Wiese, denke ich und weiß nicht, was mich erwartet, auf den letzten Metern – es sind noch anderthalb Kilometer und ich habe noch ca. 10 Minuten Zeit. Eine Ewigkeit, könnte man denken. Der erste Abstieg geht noch in Ordnung. Eine Läuferin jammert, das es so weh tut. Oh je, das ist ja doof. Allerdings habe ich jetzt auch keine Muße, darüber nachzudenken. Ich wünsche ihr alles Gute und mache mich auf, meine Bestzeit zu schaffen. Einmal kurz um die Kurve und ich glaube nicht, was ich sehe. Matsch, Matsch – überall Matsch – also wirklich überall! 🙁 Es gibt kein Stück Rasen mehr. Also wenn, ist er homöopathischer Größe. Tja, da hilft nur mittendurch. Platsch, platsch, platsch … laufe ich in den Modder rein. Oh mein Gott, was tue ich hier. Aber das ist ja noch nicht das Schlimmste. Erst ein paar Meter weiter, wird das ganze Ausmaß erkennbar. Jetzt geht es wieder weiter bergab und der Matsch ist immer noch da. Ab hier wird es extrem rutschig. Ich laufe wie auf Eiern und rutsche weg. Zum Glück kann ich die Balance halten. Wie auf einem Surfbrett rutsche ich mit meinen Schuhen den Berg hinunter – jäääääääähhh – ich muss teilweise herzlich lachen, weil ich es nicht fassen kann. Und dann ist auf einmal Schluss. Ich muss gehen. Keine Chance zu laufen. Es geht einfach nicht. Ich habe nichts zum Festhalten, es gibt keinen Rasen – nix!

Ich schaue auf die Uhr. Verdammt das wird knapp. Gehen, gehen noch ein Stück gehen. Dann wieder kann ich ein Ministück laufen, ich habe wieder Hoffnung. Aber nein, wieder Matsch, zu viel, um zu laufen. Ein Läufer vor mir, haut es die Beine weg. Ach du Sch … , denke ich. Es hilft nix. Die Uhr tickt, die Zeit läuft mir davor. Ich mus es hinehmen. Fliegen wäre jetzt gut. Immer wieder rede ich mit mir selbst und lachen laut, weil ich dieses Ausmaß an Schlamm nicht fassen kann. „Survial of the fittest“ denke ich bei mir und bemühe mich, nicht auf meinem Hintern zu landen. Das hätte mich jetzt noch gefehlt. Ein Mann am Rande stehend ruft mir aufmundernd zu, nur noch etwas über 20 Meter. Echt jetzt?

Mein Blick geht zur Uhr, die zeigt 2:58 an. Ob ich es schaffe, bei 2:59 ins Ziel zu kommen? Das wäre sooooo cool! Ich tänzel im Schlamm herum. Hopp, hopp, hopp … dann geht es links herum und siehe da – Wiese. Wiese ohne Schlamm. Nur nass und holprig. Aber das ist vollkommen egal. Nach dem Desaster fühle ich mich, als würde ich auf einem roten Teppich spazieren. Nochmals schaue ich auf die Uhr. Die zeigt 2:59 an. Menno … ich versuche schnellst möglich von der Stelle zu kommen und ein Finish hinzulegen. Durchs Mikro wird mein Name verkündet: Diana Grimm mit der Startnummer 226, zum zweiten Mal über die 30 Kilometer dabei. Ja! Genau und auf persönlicher Bestzeit unterwegs … jäh … Ein Mann am Rand ruft mir zu, „Du bist ja noch schnell!“ Ja klar, denke ich. Einen Kilometer hatte ich ja Zeit, mich beim balancieren auszuruhen! Jetzt versuche ich alles und renne … renne … renne … Rechts läuft die Zeit mit, Brutto sind drei Stunden und 25 Sekunden, 26 Sekunden, 27 Sekunden …

Ich bin im Ziel! Meine Sportuhr stoppe ich bei drei Stunden und einer Sekunden. Definitiv neue Bestzeit! Das ist cool. Allerdings defintiv keine Zeit unter drei Stunden, das ist schade! Ich war doch so nah dran. Unterm Strich bin ich trotzdem total happy und stolz auf mich. Alles richtig gemacht: Auswahl der Schuhe ( ich war mir sehr unsicher) und der Krafteinteilung. Nach vielen Monaten haben ich mir mal wieder selbst gezeigt, dass ich es noch drauf habe.

Urkunde
Nach dem Lauf: Erbsensuppe

Fazit zum Lauf: Sich 30 läuferisch Kilometer durchzukämpfen ist sehr reizvoll. Die Strecke finde ich wunderschön, bis auf Teile durch dieses Wohngebiet, aber das lässt sich wahrscheinlich nicht ändern. Die Betreuung an den Versorgungsständen ist immer sehr liebevoll! Der Urkundendruck schnell und unkompliziert. Wie letztes Jahr gibt es für mich persönlich ein Manko, dass es keine Medaille gibt!

Fazit des Tages: Es können nicht alle guten Dinge beieinadner sein. Sich diesen Zustand jedoch immmer wieder zu wünschen und / oder dafür etwas zu tun, kann sehr, sehr glücklich machen. Die Tage in Schwerin waren es für mich, allem Regen, Matsch und Trennungsschmerz zum Trotz!

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