Nr.23 der 33 laufenden Geschichten

21. Mai 2016 – 33. AVON Frauenlauf

5 Uhr morgens klingelte mein Wecker

Aufstehen Diana! Ich rieb mir verschlafen die Augen. Boah, hab ich eine Lust. Aber hey, heute wird ein schöner Tag, trotz Samstagsdienst. Heute hatte ich ein schönes Date. Darauf freute ich mich schon seit Wochen. Der Mann, den ich traf, war nicht mein Märchenprinz, auch nichts für eine längere, beständige Beziehung. Wir hatten jedoch festgestellt, dass wir uns gegenseitig gut taten. Das genossen wir einfach. Selten, aber intensiv. Natürlich war der Termin unseres Dates äußerst ungünstig, aber einen anderen gab es weit und breit nicht. Zwischen dem Dienst und der heißen Nacht lag noch etwas anderes, auch sehr Schönes: der AVON Frauenlauf im Tiergarten.

Nachdem wir einen Totalausfall unserer Software in der Firma überstanden hatten und alles abgearbeitet war, machte ich mich mit dem Rad auf zum Tiergarten. Das AOK-Zelt war Treffpunkt für die Läufer, die durch selbige Firma gesponsert laufen durften. Auch ein Gruppenfoto sollte von uns Läufern gemacht werden. Deshalb trafen wir uns bereits 16 Uhr.

Ich „landete“ 15:30 Uhr am Brandenburger Tor,

stellte mein Fahrrad ab und wurschtelte mich durch die Menge. Meine Startnummer benötigte ich noch. Am Stand für die Ausgabe des 10 Kilometer-Laufes war eine riesige Schlange. Nö, da stelle ich mich jetzt nicht an! Erstmal zum AOK-Zelt. Dort angekommen, wurde ich durch die Betreuer des Standes herzlich begrüßt. Mir wurde alles gezeigt, innerhalb und außerhalb des Zeltes. Drinnen zog ich mich erst einmal um, zum ersten Mal, in einem „eigenen“ Betreuungszelt! Es war immer noch sehr warm. Das würde auch bis zum Start um 18 Uhr so bleiben. Somit würde ich in kurzen Hosen und normalem Lauf-Shirt laufen.

Es blieb noch ein bisschen Zeit bis zum Fototermin

und so schaute ich mich noch etwas um. Ich blieb vor dem Auto stehen, das nur zwei Meter vom AOK Stand entfernt war. Dieses Ding (was das auch immer für eine Automarke war) gehörte an sich zum AOK Stand. Dort konnte man sich hineinsetzten und super coole Fotos von sich machen. Schade, dass Melitta, meine Lauf-Freundin, noch nicht da war. Mit ihr zusammen würde solch eine Foto-Session viel mehr Spaß machen. Tja, dann eben allein. Ich nahm ein paar nette Utensilien zur Hand, um die Bilder lustiger zu gestalten. Brillen und eine dicken Kuss-Mund … Lächeln! Puh, ganz schön warm in dem Auto, dachte ich und krabbelte leicht verschwitzt aus dem Auto. Neben dem Auto stand noch ein Stand der „Teekampagne“. Dort probierte ich einen Schluck leckeren grünen Tees.

16 Uhr wurde von einer Handvoll Läufern

(leider nicht mehr) ein Gruppenfoto gemacht. Zuvor hatte ich mich noch schnell in das Shirt der AOK gesteckt, schließlich wollte und sollte ich standesgemäß abgelichtet werden. Ich entschloss mich dann spontan, so auch zu laufen. Nach dem kurzen Shooting machte ich mich auf den Weg und bummelte die Stände ab, schaute hier und da, holte meine Startnummer und ging dann zurück zum AOK-Zelt. Eigentlich war ich mit Melitta verabredet. Vielleicht war sie ja jetzt eingetroffen, dachte ich. Tatsächlich! Melitta saß vor dem Zelt!
Wir begrüßten uns herzlich und sogleich zerrte ich sie zum Fotoautomaten, um mit ihr zusammen lustige Spaßbilder zu machen. Melitta ist kein „Kind von Traurigkeit“ und somit für vielerlei Späße zu haben. Nach unserem Shooting beschlossen wir, die „Fun Meile“ in Richtung Brandenburger Tor abzumarschieren. Beim Stand von „alpro“ naschten wir leckeren Joghurt und ließen uns damit auch ablichten. Dann schlenderten wir noch durch den Tiergarten und ließen die tolle Stimmung dort auf uns wirken.

Berlin war heute Nachmittag und Abend voller sportbegeisterter Menschen

Im Olympiastation sollten Borussia Dortmund und Bayern München das DFB Pokalfinale entscheiden. Um den Tiergarten fuhr ein Bus mit Dortmund-Fans, dieser spielte laute Party Musik ab, die selbst wir am Rande des Tiergartens hörten. Überall war Party und Sport angesagt. Das Leben tobte und wir beide waren mittendrin! Es wurde nun auch Zeit für uns, es war kurz vor halb sechs.
Wieder gingen wir zum AOK-Zelt, ließen all unsere Sache dort und machten uns auf zum Start. Zuvor beehrten wir die legendären DIXI Klos. Wir hatten Glück, es gab keine große Schlange. Das kommt nicht allzu oft vor bei solchen Läufen.

17:30 Uhr standen wir kurz hinter der Startlinie in Position

Noch eine halbe Stunde bist zum Start musste rumgebracht werden. Was machen wir? Trotz der Wärme ist Aufwärmen eine gute Sache. Also bewegten wir uns zum Beat der Musik, die überall aus den Lautsprechern tönte, und lockerten uns auf. Um uns herum machten die anderen Mädels teilweise das Gleiche. Es wurde langsam voll und die Stimmung begann leicht zu köcheln. Es war immer noch sehr warm und wir machten uns heiß. Was möchte ich eigentlich laufen? Ich bin seit 5 Uhr wach. Habe einen anstrengenden Dienst hinter mir und noch eine heiße Nacht vor mir? Tja… Ich war gut drauf und entschloss mich, zu versuchen, die Bestzeit von 49:53 zu knacken! So, nun ist es raus!

Melitta und ich drückten uns noch einmal herzlich und wünschten uns einen guten Lauf.

Der Countdown wird gestartet:

10 … 9 … 8 … 7 … 6 … 5 … 4 … 3 … 2 … 1 … go! Das Feld der vielen begeisterten Frauen in ihren lilafarbenen Shirts setzt sich zügig in Bewegung. Hier vorne wird nicht getrödelt. Ab geht die Post! Mit einer Pace von 4:30 starte ich mit tausend anderen Frauen in Richtung Sonne, die im Westen, rechts hinter der Siegessäule immer noch kräftig scheint. Nach 500 Metern biegen wir links ein. Dort steht eine Samba-Band. Bum, bum, bumbum, bumbumbum … trommeln sie ihren Beat. Das heizt ein. Kurz danach gibt es schon Wasser. Eine gute Idee, mein Mund ist schon trocken. Ein kleiner Schluck und dann geht es weiter. Wieder linksrum in den Tiergarten rein. Hab ich da gerade an der Ecke den Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert stehen sehen? Wenn ja, cool!

Weiter geht’s in den Tiergarten hinein

Ich bin viel zu schnell, stelle ich wiederholt fest und muss mich bremsen. Dieses Tempo würde ich definitiv nicht durchstehen. Mit einer Pace von knapp unter 5 min laufe ich weiter. Allerdings habe ich schon zu diesem Zeitpunkt das Gefühl, dass es mit diesem Tempo schwer wird durchzuhalten. Aber noch geht es. Da ich ohne Musik laufe, bekomme ich das Geschnaufe der anderen Läuferinnen mit. Verdammt, klingt das bei mir auch so gemein? Musik auf den Ohren hat doch auch so seine Vorteile. Die nächste Band beschenkt uns mit ihrer Musik, der Beat geht in die Knochen und die Beine. Step, step, step…. ich lasse mich treiben.
Wie jedes Jahr stehen unzählige Menschen an der Strecke. Stolze Männer, Brüder, Väter, Mütter, Kinder, ganze Familie. Schließlich ist es ja ein Lauf zu Gunsten der Brustkrebshilfe. Bestimmt gibt es viele Frauen, die selbst von diesem Schicksal betroffen sind, trotzdem den Laufschuh angezogen haben und dabei sind. Allerdings lasse ich diesen Gedanken nur kurz zu, heute bin ich auf Bestzeitkurs und will nicht denken.

Ziemlich am Limit

passiere ich bei knapp 4 Kilometern die erste Zwischenzeit. Mir geht es gut, aber schneller geht’s nicht mehr, denke ich. Meine Zwischenzeit habe ich übrigens vergessen. Läuferdemenz! An eine Dame in einem grünen Shirt habe ich mich schon eine Weile drangehängt. Ihr Laufstil ist ziemlich cool. Sauber, gerade … tja, und schnell eben. Eine ganze Weile kann ich das Tempo mithalten. Mal laufe ich hinter ihr, mal kurz vor ihr, mal neben ihr. Die Wasserstellen nehme ich alle mit. Es ist immer noch sehr warm und auch staubig auf der Strecke. Allerdings ist unser Läuferinnenfeld noch überschaubar. Wer weiß, was hinter mir los ist. Zwischendurch klatsche ich noch ein paar Kinder ab. Das muss sein! Schließlich freuen die sich immer so!

Weiter, weiter, weiter …

ich atme tief ein und schnaufe aus. Hochrot werde ich wohl sein (wie auch ein Foto auf der Seite des AVON-Laufes beweist). Meine Güte, die 5er-Pace fühlt sich aber heute schwer an. Meine Zeit an sich ist richtig gut, die neue Bestzeit in Sichtweite. Es sind noch 2 Kilometer. Auf einmal sagt mir mein Kopf, dass ich ziemlich bekloppt wäre so weiterzulaufen und es sein lassen sollte. Wozu Mädel quälst du dich so? Es wäre ein harter Kampf geworden. Das wollte mein Kopf irgendwie nicht. Hey, du bist seit 5 Uhr wach, hast 8 Stunden gearbeitet und willst heute noch eine wunderschöne Nacht verbringen! Was machst du hier? Lass es sein!

Ich kann nicht anders

An der nächsten Wasserstelle bleibe ich stehen und trinke in Ruhe einen Becher Wasser. Dann laufe ich weiter, einfach mit einer 5:30er Pace. Oh, das ist gut! Viel besser! Jetzt kann ich den Lauf nochmal in Ruhe genießen. Eine Lauf-Freundin, Gloria, sieht mich an der Strecke und ruft mir zu. Ich winke zurück. Nochmal kurz ein Stück durch den Tiergarten, dann kommt die finale Strecke auf der Straße des 17. Juni. Hier lasse ich mich nochmal kurz in den Rausch der Masse fallen. Linksrum. Rechts das Brandenburger Tor stehen lassen, auf die Straße des 17. Juni einbiegen und … Wow! Wie immer ist es gigantisch. Die Menschen an der Strecke jubeln, der Mann am Mikro direkt auf der Strecke sagt: „… und hier kommt vom AOK-Team Diana. Du hast es gleich geschafft, gib noch mal alles!“ Ein paar Jungs, die dazu gehören, jubeln mir etwas übertrieben, aber für mich super cool, entgegen.

Einen Endspurt lege ich nicht mehr ein

Es wird ein „Spürtchen“. Mit einer absolut sportlichen Zeit von 50:37 Minuten passiere ich die Ziellinie. Um 45 Sekunden habe ich meine Bestzeit verpasst. Tja, das ist… ganz und gar nicht schlimm! Ich bin super glücklich, im Ziel zu sein, versorge mich mit Wasser und einem Erdinger Alkoholfrei und hole freudestrahlend meine Medaille ab. So jetzt in Ruhe zum AOK-Zelt!
Nach einer ganzen Weile kommt auch Melitta freudestrahlend am Zelt an. Wir knuddeln uns herzlich, ziehen uns um und gehen in Ruhe in Richtung des Brandenburger Tores zurück zu unseren Rädern. Zwischendurch kaufe ich mir noch meine Belohnung, ein großes Softeis. Hm, lecker! Ein Stückchen fahren Melitta und ich noch mit den Rädern zusammen … durch das Brandenburger Tor, unter den Linden entlang … Dort verabschieden wir uns. Sie fährt nach Hause zu ihrem Mann.
Oh, wie schön sie es hat! Na ja, vielleicht hab ich bald auch wieder eine glückliche Beziehung. Bis dahin genieße ich das Leben so wie es kommt …