Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Natürlich geht es bei Milan Kunderas Buch um ein anderes Thema, aber ich finde den Titel seines Buches durchaus passend für meine Situation:
Ich laufe los. Total gefrustet!
Wenn Grummeln sichtbar wäre, würde eine riesige dunkelgraue Wolke über meinem Kopf mitlaufen, gepaart von Donnerblitzen, die neben mir auf den Asphalt einschlagen würden. Oh, wie ich meine erwachsenen Mädels liebe … Habt ihr auch Kinder? Klar habt ihr!
Der Spruch „Kleine Kinder – kleine Sorgen. Große Kinder – große Sorgen“ ist so was von wahr! Große Sorgen bedeutet auch, ich brauche eine extra große Runde zum Laufen, sonst bin ich nicht entspannt, wenn ich wieder nach Hause komme und die beiden wieder sehe.
Natürlich liebe ich meine Töchter
und natürlich sind sie absolut …. na ja – normal … aber ich fühle mich trotzdem beschissen. Ganz im Gegenteil zu den beiden. Kennt ihr auch dieses Gefühl, die Leichtigkeit eurer Kinder raubt euch den letzten Nerv?! „Chill mal, Mama … Mach dir keine Sorgen, Mama … Du immer, Mama … Ich hab alles im Griff, Mama … “ Pffff … wenn sie es denn mal hätten – alles im Griff. Ich sehe das nicht so. Mit Anfang 20 und Ende 18 finde ich, kann da schon mehr vorzeigbar sein. Aber nein, noch haben die beiden keinen Plan. Jedenfalls keinen, den ich gut finde.
Bin ich spießig? Bin ICH normal?
Eine WG mit seinen Töchtern zu haben, ist durchaus schön – aber auch anstrengend. Das sagen die beiden bestimmt auch von mir … bei dem Gedanken muss ich schmunzeln, während ich in Richtung Treptower Park laufe. Heute ist mein LDL dran.
Tip, tip, tiptiptip … meine Beine fühlen sich gut an. Das Berg-Intervall-Training auf Rügen hat sich tatsächlich positiv auf meinen Fitnesszustand ausgewirkt. Wenigstens sind die Beine fit … dafür brummt mein Schädel. Innerhalb der nächsten zwei Stunden wird sich das hoffentlich ändern.
Früher habe ich viele Probleme meiner jetzt geschieden Ehe innerhalb eines LDLs so mental „abgearbeitet“, so dass ich die Ehe noch ein paar Jahre länger ausgehalten habe. Ob das gut war? Keine Ahnung. Es zeigt mir nur, was Laufen alles bewirken kann. Nämlich Dinge in Ruhe zu durchdenken.
Damals bin ich mit 18 Jahren ausgezogen
Das hat viele Sorgen und Probleme verhindert, da mein damaliger Freund und ich allein zurecht kommen mussten. Da kommt mir der Gedanke, kann ich mein Leben mit dem Leben meiner Kinder vergleichen? Das machen in der Tat viele Menschen: „Ich habe damals schon …“ oder so ähnlich hören sich diese Sätze meist an, in denen wir uns brüsten, wie toll wir doch damals alles im Griff hatten. Hatte ich das wirklich, oder sieht es aus meiner jetzigen Sicht nur so aus? Ist es überhaupt hilfreich, so zu denken?
Ich laufe weiter …
Eigentlich geht es mir schon viel besser, muss ich gestehen. Nach 10 gelaufenen Kilometern ist manches anders oder es sieht zumindest ein wenig verändert aus.
Schlussendlich müssen meine Kinder ihr Leben für sich leben und nicht für mich. Natürlich mit allen Konsequenzen. Ich möchte ja auch mein Leben leben wollen und mir nicht reinreden lassen, schon gar nicht von meinen Mädels, wo kämen wir denn da hin! Es sei denn, ich frage sie nach ihrer Meinung.
Dasselbe Recht sollte ich ihnen auch gewähren und darauf vertrauen, dass alles gut wird, denke ich etwas schnaufend …
Als ich 2011 bei einer Mütter-Kur war, gab es ein Seminar zum Thema Pubertät. Das war sehr spannend.
Die Seminarleiterin hatte da, zum Beispiel, gesagt:
“Wenn Sie eine gute Basis geschaffen haben in der Kindheit ihrer Schützlinge, müssen Sie sich jetzt, in der Pubertät keine Sorgen machen. Vertrauen Sie ihrem Kind und lieben sie es! „Wenn die Basis nicht gut ist, warum auch immer, werden Sie jetzt, innerhalb der Pubertät auch nichts mehr richten können.“
Natürlich stecken meine Kinder nicht mehr in der Pubertät,
aber ich denke, da ist auch für die Zeit danach noch etwas dran. Ich vertraue also meinen Kindern und liebe sie und werde immer, wenn sie mich brauchen, für sie da sein. Alles andere werden sie allein bewältigen (müssen). Egal ob mir das nun passt oder nicht. Ich laufe dann jetzt mal weiter meinen LDL und wenn ich zu Hause bin, werde ich meine beiden Großen ordentlich drücken und ihnen sagen, dass ich sie liebe …
Der Gedanke beflügelt mich und ich bin auf einmal total entspannt. Meine Familie ist das Schönste und Wichtigste in meinem Leben! Alles ist gut …
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