8. April 2017 – 11. Securitas Airport Night Run

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …“

Ein ziemlich cooler deutscher Schlager aus den 70ziger Jahren. Oder lief das unter der Rubrik Song? Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Spielt in meinem Zusammenhang auch gar keine Rolle. Dieser Song oder Schlager, am Besten wir einigen uns auf – Lied, ging mir immer wieder durch den Kopf, als ich auf dem Rollfeld des Aiports Berlin-Brandenburg lief …

Es ist der Abend des 8. Aprils 2017

Seit knapp 5 Jahren wird uns erzählt – dieser Lauf wäre tatsächlich der Letzte auf dem Flughafengelände – dann wäre endgültig Schluss. Statt LäuferInnen überqueren dann nur noch Flugzeuge die Start- und Landebahn.
Mit Sagen ist das ähnlich. Sie beinhalten immer einen wahren Kern, das Drumherum ist dann allerdings Fiktion. Beim Flughafen Berlin-Brandenburg ist das, so empfinde ich es, ähnlich.
Im Grunde glauben viele Menschen durchaus, dass er irgendwann einmal eröffnet wird. Wann und in welcher Form, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Der Airport Run stand für mich noch nie wirklich zur Debatte,

obwohl mich Mancher schon überreden wollte. In den Sonnenuntergang, auf einem Flughafen ins Ziel zu laufen hat auch etwas, zugegebenermaßen. Allerdings stand für mich seit 2015 immer der Berliner Halbmarathon im Fokus. Somit konnte dieser Lauf nur verlieren.
Diesmal war es anders. Den Berliner Halbmarathon hatte ich gemütlich absolviert, in 2:22 und somit war ich auch nicht total ausgepowert. Da ich in festen Händen bin, habe ich auch nicht das Bedürfnis durch Berliner Clubs zu tingeln, zu tanzen, zu trinken oder zu flirten.

Mein Mann und ich leben in einer Fernbeziehung. Nach Südbaden zu fahren fällt aus, weil ich am Wochenende arbeiten muss. Also kam mir die Idee, meinen bestfriend, Mark, zum Airport Run zu begleiten. Wenig später dachte ich mir: Nur rumstehen und Mark zum Halbmarathon zu begleiten ist mir zu wenig, dann laufe ich einfach mit.
Natürlich nicht die 21,1 Kilometer. Das wäre zu viel des Guten, eine Woche nach dem Berliner Halbmarathon. Nein, 10 genügen vollkommen. Die Anmeldung ist noch online, also – zack – buche ich die 10 Kilometer für stolze 25 Euro (Kino wäre preiswerter gewesen) und freue mich auf einen netten Lauf. Die Begleitung für Mark steht natürlich nicht außer Frage …

Am Tag selbst nun gestaltet sich die Hinfahrt recht entspannt

Mit dem Regionalzug fahren Mark und ich unkompliziert nach Schönefeld. Endlich mal wieder zusammen bei einem Laufevent, toll. Das letzte Mal war im November 2016, zum „Lauf in die Tropen“. Das ist lange her und bis dato viel passiert.
Der Shuttle-Bus, der vom Bahnhof Schönefeld zum Flughafengelände fahren soll, läst etwas auf sich warten. Leider schon ein schlechtes Zeichen für den Abend. Allerdings habe ich es da noch nicht auf dem Schirm. Die Fahrt ansich zieht sich ganz schön. Das hätte ich nicht gedacht.

Vor Ort sieht alles gut sortiert aus. Stände für die Startnummern, die Gepäckabgabe und ein paar Stände von Sponsoren etc. Zielstrebig gehen Mark und ich zur Startnummern-Ausgabe. Anstellen und drei Minuten später wieder abziehen – alles fix erledigt. Danach muss sich Mark noch einen Transponder für die Zeiterfassung besorgen. Sein Chip liegt gut verstaut und sicher zu Hause. Tja, ist alles menschlich und passiert selbst dem gut sortieren Mark.
Ich lasse mich derweil mit Zahnpasta beschenken, am Zelt einer Zahnarztpraxis oder so etwas in der Art.

Bis zum Start vertreiben wir uns die Zeit mit Freunden,

die wir auf dem Gelände treffen. Ansonsten rockt mich das Ganze hier nicht so. Wahrscheinlich liegt es an mir. Ich bin primär hier, zur Begleitung von Mark und laufe nebenbei 10 Kilometer, was will ich da schon emotional erwarten. Zudem bin ich seit 5 Uhr wach durch meinen Job im Labor und somit ist auch ein bisschen die Luft bei mir raus. Laufen ist eben nicht immer ein Feuerwerk. Manchmal ist laufen auch Stille, jedenfalls teilweise.
Wenn unsere Clique zusammen ist, sieht das eher nicht so aus. Gerade Silke, Jörg, Gritta und Steffen sorgen immer für Stimmung und dann ziehe ich mit.
Der Gang zur Toilette, einige Zeit später, wird wieder eher beschaulich, weil langwierig. Die Schlange ist endlos. Meine Stimmung beim Warten passt zum Wetter – trübe – dazu ist es kalt und windig.

Hoffentlich ist Mark motiviert. Er möchte schließlich heute seine Halbmarathon-Distanz absolvieren, die ich schon letzten Sonntag abgehakt habe. Ja, Mark ist motiviert! Er will auf Zeit laufen und das nicht zu knapp, für seinen schlechten Traingszustand (seine eigene Aussage!).
Kurz vor 19 Uhr verabschieden wir uns und vereinbaren den Treffpunkt nach seinem Zieleinlauf. Ein paar Fotos schieße ich noch von ihm und lasse ihn allein, bis zu seinem Start.

Ich brauche erst eine halbe Stunde später antreten

Was mache ich bis dahin? Am besten wieder zu meinen Freunden gehen und mir mit ihnen zusammen die Zeit vertreiben. Das klappt auch gut. Das Erwärmungsprogramm ist recht amüsant und herausfordernd. Ein paar Übungen mache ich mit, das ist lustig. Der „Vorturner“ ist total fertig und verschwitzt, mein Gott – hoffentlich fällt er nicht gleich um!
Endlich können wir zum Start gehen. Silke und ich machen uns zusammen auf den Weg. Währenddessen grüble ich noch, wie schnell bzw. wie langsam ich die 10 Kilometer absolvieren möchte. Schnell, also richtig schnell geht bei mir derzeit gar nicht. Bleibt langsam. Ja, wie langsam denn dann?

Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen: eine Schnapszahl!

Ich laufe wieder eine Schnapszahl, wie beim Berliner Halbmarathon. Eine Stunde und elf Minuten sieht bestimmt gut aus auf der Urkunde und fühlt sich beim Laufen bestimmt gut an. Das macht eine Pace von 7, wenn ich richtig gerechnet habe. Das iss janz jemütlich. Also abgemacht. Silke und ich stellen uns gaaaaaanz hinten an. Von hier aus trotten wir über die Startlinie. Denk an deine Sportuhr, Diana, sonst wird das nix mit deiner Schnapszahl, denke ich so bei mir.

Dann geht’s los

Silke lasse ich bald hinter mir, sie möchte langsamer laufen und ich ja auf jeden Tag mit Musik. Ich bin gespannt, was mich hier auf dem Flughafengelände erwartet. Wird es so toll werden, wie ich es oft von anderen Läufern gehört habe?
Der Beginn ist erst einmal unspektakulär. Noch laufen wir am und um das Gebäude der Flughafens entlang, dann nach einiger Zeit erreichen wir endlich das Flugfeld. Oh doch, das sieht gut aus!

Der Tag geht langsam zur Neige – die blaue Stunde – hier zu erleben, ist doch sehr schön. Ständig möchte ich mein Handy zücken, um den einen oder anderen Moment festzuhalten. Natürlich lohnt sich das nicht wirklich, auf den Bildern kommt das alles gar nicht so richtig rüber. Für einen Schnappschuss lohnt es sich jedoch alle mal. Silke, die mir wieder mal, über den Weg läuft, schnappe ich mir und zusammen machen wir ein Selfie. Danach versuche ich mich zusammen zu reißen und nur zu laufen. Schließlich bin ich nicht hier, um einen Fotoreportage zu machen.
Das sehr langsame Tempo ist angenehm. Immer noch laufe ich meiner Top-Form der letzten beiden Jahre hinterher. Ob ich je wieder so gut trainiert sein werde? Ich rede mir regelmäßig ein, dass ich meinen körperlichen und somit läuferischen Zenit überschritten habe. Ich glaube ganz fest daran, das es mir dann leichter fällt, zu akzeptieren, immer schlechter zu werden. Förderlich ist es natürlich nicht, wenn ich noch einmal durchstarten wollen würde.

Ja, ja … ein Hickhack ist das – das weiß ich selbst – ich habe ja nie gesagt, ich wäre eine gedanklich einfach sortierte Frau. Frau und gedanklich gut sortiert schließt sich für mich sowieso gegenseitig aus, Ausnahmen bestätigen natürlich immer die Regel.

Wo war ich eigentlich stehengeblieben?

Wahrscheinlich ungefähr bei Kilometer 2. Das Flugfeld sieht wirklich wunderschön aus, an diesem Abend. Trotzdem finde ich es irgendwie langweilig hier zu laufen. Auf dem Flughafen Tempelhof ging es mir schon ähnlich. Nach ein, zweimal „Oh“ und „Ah“ ist für mich die Luft raus. Es sieht ja alles gleich aus.
Die Musik auf den Ohren bringt mir da auch nur wenig Abwechslung. So entspannt und doch ein wenig langweilig geht es bis zum Versorgungsstand bei Kilometer 5. Hier gibt es Getränke und ordentlich laute Musik, die ein DJ anmischt. Die Beleuchtung ist bunt und sorgt kurze Zeit für Abwechslung. Dann laufe ich wieder in die Dunkelheit des Abends hinein.

Den Sonnenuntergang habe ich im Rücken,

viel zu sehen ist davon eh nichts mehr. Durch die Startverzögerung auf 19:40 Uhr ist der Abend weit voran gerückt. Jetzt gibt es nur noch das Ziel, direkt am Flughafengebäude. Also, immer auf das riesengroße beleuchtet Etwas zu laufen. Grüne und blaue Lichter „weisen“ uns den Weg. Foto … Foto – denke ich oft. Ein, zwei Versuche starte ich dann doch noch. Aber ja, klar, es sieht nicht gut aus. Ich lasse es jetzt besser …
Zwischendurch geht mein Blick zur Uhr. Ich bin zu „schnell“, geht es mir regelmäßig durch den Kopf, trotz der Foto-Stopps.

Es ist es nur noch ein reichlicher Kilometer, als wir zurück am Flughafengebäude angelangt sind. Ich muss gehen, denke ich, sonst klappt das mit der Schnapszahl nicht. Tja, na dann … ich lasse mich rechts am Rande „abfallen“. Ich gehe und schaue dabei den an mir vorbei laufenden Menschen zu oder lasse meinen Blick in die großen Glasfassaden des Gebäudes wandern. Eigentlich ist das albern, denke ich mir, hier zu gehen. Warum ist mir diese Schnapszahl so wichtig? Na ja, je früher ich im Ziel bin, desto länger muss ich ja auf Mark warten, der ja den Halbmarathon läuft. Hier kann ich nicht auf der Strecke stehen und ihm zujubeln. Bei diesem Lauf ist das etwas anders.

Somit ist es tatsächlich besser, länger zu laufen, als schnell da zu sein und dann frierend herumzustehen. Also, gehe ich … und gehe … und schaue und gehe … irgendwann sehe ich auf meiner Sportuhr, dass ich noch drei Minuten bis zur Zielzeit 1:11 habe. Oh, mein Gott! Wie lange muss ich jetzt eigentlich noch laufen? Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Das Ziel liegt um die Ecke und ich habe das Gefühl, es liegt auch noch etwas abseits …

Herrje, ich muss jetzt wohl noch mal durchstarten?

Gesagt, getan. Ich nehme die Beine in die Hand und starte durch. Bei 1:10 biege ich um die Ecke und sehe …. Himmel!!! Das zieht sich ja noch elend lange … wie konnte ich mich nur so verschätzen. Ich laufe, so schnell ich kann … voll speed … die müssen mich alle für total bekloppt halten, bei so einer Ziel-Zeit so auf die Tube zu drücken.
Egal … das ignoriere ich … Tatsächlich bin ich bei 1:11 auf der Zielgeraden … die Sekunden sehe ich in der Dunkelheit nicht.
Hoffentlich schaffe ich es noch! Wenn ich jetzt bei 1:12 reinkomme … dann, dann … ach … ich schreibe lieber nicht auf, was ich in diesem Moment denke! Das Glück ist mit den Dummen … ich komme rechtzeitig durchs Ziel! Super! Die offizielle Zeit lautet 1:11:38 … das hätte echt ins Auge gehen können!

Im Zielbereich ist es rappel dicke voll

Durch die Scheinwerfer sehe ich tatsächlich nicht viel, wie Mark schon sagte. Hier muss ich wirklich nicht auf ihn warten, wenn er ins Ziel kommt, denke ich mir. Also gehe ich gemütlich in den Teilnehmerbereich und besorge mir zu trinken und einen kleinen Snack. Es ist ziemlich voll. Zum Bierstand brauche ich mich erst gar nicht durch quälen, Menschenmassen sind nicht so mein Ding. Dann trinke ich lieber nur Apfelschorle oder einen Aktiv-Drink. Meine Medaille schaue mich mir nach dem Durchlaufen dieses Bereiches noch einmal in Ruhe an. Oh ja, die sieht wirklich schick aus und sie soll im Dunkeln leuchten, was ich jetzt aber nicht überprüfen kann.

Eine Gravur meiner Zeit werde ich mir anfertigen lassen,

schießt es mir durch den Kopf. Dann habe ich zwei Medaillen mit einer Schnapszahl, die vom Berliner Halbmarathon mit 2:22 und die von den gerade absolvierten 10 Kilometern, mit 1:11 … das ist doch eine hübsche Mini-Sammlung!
Ich trotte zur Gepäckaufbewahrung, hole meinen Rucksack ab und ziehe mich um. Dann warte ich auf Mark. Wann er hier aufkreuzt versuche ich krampfhaft auszurechnen: wann wird er durch den Startbogen gelaufen sein, wie schnell ist er, wie kommt er durch den Teilnehmerbereich, nach dem Zieleinlauf. Alles unbekannte Größen. Dann lass ich das Rechnen lieber und warte einfach … warte … und warte …

Da, Mark! Hey, das war gar nicht so lange …

Nach 1:53 war er netto im Ziel. Das ist eine super Zeit, dafür, dass er so schlecht trainiert ist … also nach seinen eigenen Angaben. Nach dem wir uns begrüßt und ich ihn beglückwünscht habe, gebe ich ihm schnell Beschied, dass ich an der Schlange zur Medaillen-Gravur stehe, welche endlos lang scheint. Nach gefühlten Stunden bin ich endlich dran und kurz darauf erscheint auch Mark, komplett umgezogen.

Es ist ja bereits verdammt spät und ich bin ziemlich müde, also gehen wir zielstrebig auf den Shuttle-Bus. Das Kapitell Shuttle-Bus ist dann ein besonderes, denn …
Erstens kommt ewig kein Bus und zweitens stehen mittlerweile so viele Menschen an der Bushaltestelle, dass gar nicht alle hineinpassen, als endlich ein Bus kommt.
Mark ist einen Halbmarathon gelaufen! Ich hätte echt keinen Bock, hier Nachts in der Kälte herum zustehen und auf diesen verdammten Bus zu warten, wenn ich solch eine Strecke bewältigt hätte, vielleicht noch in persönlicher Bestzeit.Letztes Jahr ist er von seinen Eltern abgeholt worden … das war wohl definitiv die bessere Entscheidung.

Ich grummel immer noch ein bisschen herum,

als endlich ein Bus kommt, mit dem wir mitfahren können. Es ist der dritte Bus und ich bin ziemlich durchgefroren und stinksauer. Das mache ich definitiv nicht noch mal mit, denke ich so … während wir mit dem Bus in Richtung Bahnhof Schönefeld fahren. Ich darf übrigens sitzen, Mark hat einen Stehplatz in dem übervollen Bus, wie toll ist das denn?
Nee, nee … das ist nicht meins … denke ich noch einmal bei mir … aber muss ich ja auch nicht. Denn wenn man den Medien glauben darf, fliegen ja hier bald Flugzeuge in den Himmel … „…über den Wolken , wo die Freiheit wohl grenzenlos ist …“ … wie Reinhard May 1974 gesungen hat, habe es extra noch mal recherchiert.

Fazit zum Lauf: Flughafenläufe sind echt nicht mein Ding. Sonnenuntergang hin oder her. Der Shuttle-
Bus-Transfer war mangelaft. Auch wenn nächstes Jahr ein Airport Run möglich wäre, ich bin da raus …

Fazit des Tages: Für einen Freund kann man auch mal die Zähne zusammen beißen.