8. April 2018 – Berliner Halbmarathon
Ich starre auf den Bildschirm meines Laptops
und weiß nicht, wie ich meine Geschichte über den Berliner Halbmarathon beginnen soll. Meine Gedanken sind wirr, unsortiert, voller Emotionen. Die Musik der Klassik Lounge im Hintergrund, die beruhigend wirkt, hilft jedoch nicht, Herr über mein Chaos im Kopf zu werden.
Meine Laufgeschichten waren nie nur Laufberichte. Sie waren und sind stets ein Spiegelbild meines Lebens, meines Innersten. Damit habe ich durchaus Erfolg, so manches Feedback eines Lesers berührt mich zu Tränen oder lässt mich Freudensprünge machen. Geld kann ich allerdings damit nicht verdienen, zu wenige Menschen sind bereit für ein solches Buch Geld auszugeben. Schade, schade! Hey, was soll´s. Geld ist nicht alles im Leben! Wäre ja auch zu schön gewesen …
Nun sitze ich hier und bin unsicher,
was in meine Geschichte zum Halbmarathon rein soll. Soweit steht fest, es ist ein absoluter Erfolg: Ohne Bestzeit-Ambitionen habe ich gemeinsam mit meinem Mann Berlin gerockt … Der Titel meiner Lauf-Story sollte eigentlich Die Entdeckung der Leichtigkeit des Laufens, lauten.
So weit so gut. Gut ist nur eben gerade (fast) nix in meinem Leben, sage ich – als Pessimistin – was man mir glücklicher Weise nach draußen hin eher nicht ansieht.
Nun ein Versuch das Ganze zu Papier zu bringen:
Der Berliner Halbmarathon 2018 ist der Letzte gewesen, den ich in Berlin gelaufen bin. Es war der Abschluss einer Serie, mit der alles angefangen hat, sich läuferisch weiter zu entwickeln, Neues zu wagen. Der Moment, in dem ich beschlossen hatte meinen allerersten Halben zu laufen, war eine Kampfansage an mich und meine widrigen Umstände im Leben. Mit viel Energie und Willenskraft habe ich mein Ziel erreicht und ein zweites Mal sogar übertroffen. Der Halbe 2015 mit einer Zeit von 1:58 und das darauf folgende Jahr 2016 mit 1:53 werden unvergesslich bleiben. 2017 war Gemütlichkeit angesagt, weil ich zuvor krank und vollkommen aus der Form war. Die Schnappszahl von 2:22 zu laufen, war realistisch und eine Herausforderung zugleich.
2018 war nun der krönende Abschluss für das Laufen in Berlin, da ich eine Woche danach, beruflich bedingt, nach Kiel gehen würde und ich meinen ersten Halbmarathon mit Marc, meiner großen Liebe, laufen durfte. Das klingt nach dem Ende eines läuferischen Märchens, was mir nur nicht recht gelingt zu Papier zu bringen …
Warum nicht? Ihr alle kennt das Gefühl der Ohnmacht
Der Ohnmacht vor Dingen, die euch im Leben widerfahren, durch Umstände, die ihr nicht ändern könnt, oder auch manchmal nicht ändern wollt, weil genau diese Umstande Sicherheit geben. Ändert sich etwas, geratet ihr aus den Fugen.
Oder eine Ohnmacht, weil sich zu viele Dinge auf einmal verändern und somit ein schier unentwirrbares Chaos entsteht. So geht es mir derzeit …
Die ersten zwei Wochen in Kiel waren ein Wechselbad der Gefühle
Meine Familie zu verlassen und allein in Kiel zu beginnen, war eine bewusste Entscheidung. Sitzt man dann in einem Zimmer, das nur aus einem Bett, Tisch, Stuhl und einem Waschbecken besteht, wird das private Leben schon mal zur Herausforderung. Neben der Einarbeitung in ein neues Arbeitsgebiet beginnt nun die Suche nach einer Bleibe. Ersteinmal nur ein möbliertes Zimmer, da es für mich unrealistisch ist, in 3 Monaten eine bezahlbare und zugleich angenehme Wohnung zu finden. Vor allem, weil ich meine neu dotierte Stelle noch nicht antreten kann. Somit weiß ich nicht, was ich zukünftig verdiene. Es heißt abwarten, Geduld haben …
In dieser Zeit kommen bürokratische Formalien auf mich zu, wie Kindergeld, Unterhalt für meine Tochter, den ich zahlen muss und natürlich möchte. Dabei kommt es zu Missverständnissen, Geldengpässen … Tränen und Angst vor finanzieller Not.
Ein unterzeichneter Vertrag bei einem Buchverlag und die Gewissheit ein zweites Buch herausgeben zu dürfen (kein Laufbuch), was an sich unglaublich schön ist, können mir jedoch nicht die Angst vor der (nahen) Zukunft nehmen.
Ich finde einen Knoten in meiner Brust
und bin doch gerade erst in Kiel angekommen … Mein Herz, mein Kopf, mein Bauch – mein gesamter Körper sind ein Durcheinander, das ich versuche zu übertünchen. Einfach morgens aufstehen und weiter machen …
Wie beim Laufen. Einfach einen Fuß vor den nächsten setzen. Laufen, laufen, laufen und nach vorne schauen. Da vorne befindet sich das Ziel … nur nicht stehen bleiben und schon gar nicht denken! Gute Idee!
Laufen hat mir in so vielen Situationen schon geholfen
Verloren habe ich den Mut nie, auch wenn ich schon oft hoffnungslos war und in manchen Momenten dachte, ich kann nicht mehr.
Mit Marc zusammen durch Berlin zu laufen, die Menschen an den Straßenrändern zu sehen, zu hören, zu spüren war fantastisch. Wenn ich daran denke, muss ich lächeln. Was für ein schöner Frühlingstag das auch war. Die Sonne hatte in ihrer ganzen Pracht geschienen und uns verzaubert. Die Musik an der Strecke hat beflügelt und die Rufe der Leute uns euphorisiert. Es war ein Fest des Laufens, denn nicht auf Bestzeit durch die Straßen zu rennen, sondern die Atmosphäre in uns aufzunehmen, Berlin zu erleben und zu genießen, haben eine Leichtigkeit in die 21 Kilometer gebracht, wie ich sie selten erlebt habe.
Im Innern meines Herzens weiß ich, dass alles gut wird
Angst habe ich trotzdem! Der Knoten in meiner Brust wird nichts von Bedeutung sein! Punkt. Meine derzeitigen Probleme werde ich mit Kraft, Mut und mit der Zeit zu händeln wissen. Mein Mann und meine Familie unterstützen mich dabei. Bis dahin werde ich laufen … laufen … laufen … mit so viel Leichtigkeit wie es nur eben möglich ist.
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Viel Glück in deinem neuen Leben ! Ich denke an Dich
Dani 😗